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Gefäßmedizin
Neue Perspektiven bei Durchblutungsstörung

Die Schaufensterkrankheit ist ein typisches Beispiel für eine Durchblutungsstörung. Ohne Schmerzen können Betroffene nur kurze Stücke gehen. Zu den Ursachen gehören die üblichen Verdächtigen: Rauchen, Übergewicht, Diabetes und Bewegungsmangel.

Von Barbara Weber | 04.04.2017
    Das Bild ist vertikal zweigeteilt. Auf der linken Seite sind zwei Bilder untereinander zu sehen. Das obere Bild auf der linken Seite zeigt zwei Personen in blauer OP-Bekleidung. Im unteren Bild sieht man OP-Besteck auf einem blauen OP-Tuch. Die rechte Seite des Bildes zeigt eine Röntgen-Aufnahme eines Beckens mit einem eingesetzten Stent.
    In Deutschland führen Durchblutungsstörungen zu jährlich knapp 50.000 Amputationen der unteren Extremitäten. (Julia Hofmann / Deutsche Gesellschaft für Angiologie (DGA))
    "Liebe Kolleginnen und Kollegen, herzlich willkommen im Klinikum Arnsberg beim nächsten Live-Case. Ich darf kurz das Team vorstellen: rechts von mir steht Dr. Klaus Amendt, der uns gleich während unseres Eingriffs noch eine Präsentation geben wird. Ich darf Schwester Wilser herzlich danken, dass sie uns assistiert."
    Schloss Herdringen, Arnsberg. Im Lichthof des Anwesens sitzen einige hundert Ärzte und blicken gebannt auf eine Leinwand, die einen Operationssaal im Klinikum Arnsberg zeigt. Dr. Michael Lichtenberg, Chefarzt der Klinik für Angiologie am Klinikum Arnsberg, will eine neue Operationstechnik demonstrieren.
    "Das ist ein 72-jähriger Patient mit einem Dreier-Rutherford-Stadium des rechten Beines, übliche Risikofaktoren."
    Der Patient auf der Liege ist Diabetiker und leidet an einer Gefäßverkalkung. Die Arteriosklerose der Oberschenkelarterie ist so weit fortgeschritten, dass er kaum noch gehen kann. Deshalb müssen die Verengungen geweitet und mehrere Gefäßstützen, so genannte "Stents", in die Arterie eingeführt werden, damit das Gefäß offen bleibt.
    Während das OP-Team den Patienten für den Eingriff vorbereitet, erklärt Dr. Klaus Amendt, wie sich die Technik weiterentwickelt hat:
    "Wir haben Full-Metall-Jacketts gemacht, das war 2005 in Paris der Hype überhaupt."
    Das heißt, die Stents waren groß, lang und relativ unbeweglich.
    Neue, kleine Stents
    "Und dann irgendwann hat man gemerkt, Metall im Gefäß ist für die Biomechanik und als chronischer Reiz nicht gut. Wir müssen umdenken. Und ich denke, wir können nicht nichts zurücklassen, aber vielleicht können wir soweit verfahren, dass wir möglichst wenig zurücklassen."
    Und dabei sollen neue, kleine Stents helfen, die in geringen Abständen in das Gefäß eingebracht werden. Erste Zahlen aus einer von Klaus Amendt durchgeführten Studie zeigen, dass das gut funktioniert, die Gefäße weniger schädigt und so den Patienten hilft.
    Aber die Patienten können auch selbst aktiv - im Vorfeld schon - dazu beitragen, dass ein Eingriff gelingt, nämlich wenn sie "kurzfristig eine starke Verschlechterung ihrer Symptomatik haben oder die Symptome akut aufgetreten sind, da auch an die Möglichkeit zu denken, dass es Blutgerinnsel sein könnten, die hier das Gefäß verstopfen", erklärt Dr. Britta Vogel, Oberärztin an der Universitätsklinik Heidelberg.
    "Es macht einen Unterschied, ob der Patient ein chronisches Leiden hat oder eher eine akute Symptomatik. Da ist es wichtig, dass der Patient uns mitteilt, wie lange seine Beschwerden schon bestehen, damit wir da auch vorbereitet sind, denn nichts ist blöder, als wenn man während einer Untersuchung diese Gerinnsel vielleicht auch mobilisiert und die dann irgendwo hin geschwemmt werden."
    "Wie ein Staubsauer, der wie ein Röhrchen im Gefäßsystem liegt"
    Damit diese Gerinnsel durch in das Gefäß geführte Geräte nicht fortgeschwemmt werden, können die Ärzte sie entfernen - mit Hilfe eines Saugkatheters:
    "Quasi wie ein Staubsauer, der wie ein Röhrchen im Gefäßsystem liegt, mit einem Loch an der Spitze, und hier wird ein Sog angelegt, der dann das Blutgerinnsel absaugt, ähnlich, wie wenn sie einen Staubsauger verwenden ohne den Aufsatz."
    Falls eine Arterie ganz verstopft ist, kann eine andere neue Operationsmethode helfen, so Michael Lichtenberg:
    "Was man macht ist, dass man das verstopfte Gefäß, welches kein Blut mehr in das Bein reinlässt, eigentlich außer Acht lässt und ein anderes Gefäß nimmt, und zwar die Vene."
    So übernimmt die Vene die Funktion der Arterie. Das ist dann allerdings schon ein sehr aufwendiger, mehrstündiger Eingriff. Im Lichthof des Schlosses nähert sich die Präsentation aus dem Operationssaal ihrem Ende. Die Operation ist gut verlaufen.
    "Wir sind gerade, weil wir nur noch zwei Minuten Satellitenzeit haben, dabei die finalen Angiobilder zu machen. Super, so."
    Die Bilder sind in Ordnung. Die kurzen Stents sitzen gut in dem Gefäß.
    "Gut, vielen Dank! Wir geben wieder in das Schloss zurück. Danke für das Interesse! Vielen Dank."