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Gefahr aus der Tiefe?

Bei der Verbrennung von Kohle entsteht C02. Dieses soll künftig unterirdisch gespeichert werden. Doch sowohl Anwohner der geplanten Speicherstätten als auch Vertreter der Wasserwirtschaft äußern Bedenken.

Christa Hecht im Gespräch mit Jule Reimer | 13.08.2010
    Jule Reimer: Carbon Capture Storage, kurz genannt CCS, steht für die erhoffte Zukunftstechnik, das bei der Verbrennung von Kohle entstehende klimaschädliche CO2 abzuscheiden und dann irgendwo zu speichern, zum Beispiel unterirdisch. Derzeit sind Lagerstätten in Niedersachsen, Brandenburg und Schleswig-Holstein unter anderem im Gespräch. Doch nicht nur die betroffenen Anwohner laufen Sturm gegen die Pläne; auch in der Wasserwirtschaft mehren sich die Bedenken.

    Am Telefon in Berlin bin ich mit Christa Hecht, der Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AÖW), verbunden, in der sich eben öffentliche Unternehmen zusammengefunden haben. Frau Hecht, Lagerstätten von CO2 haben auf den ersten Blick nicht unbedingt mit der Wasserwirtschaft zu tun. Inwieweit wären denn Ihre Verbandsmitglieder von dem Vorgang der CO2-Speicherung betroffen?

    Christa Hecht: Ja, denn in den tiefen Gesteinschichten, in denen das verflüssigte Kohlendioxid verpresst werden soll, befindet sich salines Porenwasser. Das wird verdrängt von dem eingepressten CO2 und steigt nach oben und kann damit das Grundwasser bedrohen.

    Reimer: Das heißt, Sie fürchten eine Versalzung?

    Hecht: Ja.

    Reimer: Oder befürchten Sie eine Beeinträchtigung der Grundwasserqualität durch das CO2?

    Hecht: Ja. Versalzung bedeutet, dass die Qualität eingeschränkt wird, wenn nicht, dass es sogar gänzlich unbrauchbar ist als Trinkwasser, und das hat natürlich empfindliche Folgen.

    Reimer: Zum Beispiel?

    Hecht: Dass man in den Bundesländern, in denen dieses Verfahren angewandt wird, dann kein Trinkwasser mehr aus dem Boden holen kann und möglicherweise über weite Strecken das Trinkwasser angeliefert werden müsste.

    Reimer: Es gibt ja bereits einen Gesetzentwurf zum Thema CO2-Speicherung, zur unterirdischen Speicherung. Werden denn Ihre Bedenken in Berlin gehört, haben Sie die vorgebracht?

    Hecht: Das Verfahren läuft ja noch. Es wird Ende August eine Anhörung dazu stattfinden, an der wir auch teilnehmen werden und unsere Bedenken vorbringen. Jetzt haben wir unsere Position formuliert und die auch breit gestreut. Die Reaktionen sind recht gut. Wie die bei der Regierung aufgenommen werden, das werden wir sehen, im Gesetzesverfahren und auch von den Bundestagsabgeordneten.

    Reimer: Sie vertreten ja einen Teil der Wasserversorger, einen großen Teil, aber eben nicht alle. Steht denn da die gesamte Wasserwirtschaft hinter Ihrer Erklärung?

    Hecht: Da sind wir noch in Abstimmungen beziehungsweise andere Verbände sind intern in den Abstimmungen. Ich habe mit Kollegen aus diesen Verbänden gesprochen. Das werden wir dann in der Anhörung sehen.

    Reimer: Wären denn strengere Haftungsregelungen zum Beispiel für die Stromerzeuger, die das CO2 speichern wollen, eine Möglichkeit, Ihren Bedenken entgegenzutreten?

    Hecht: Eigentlich nicht, denn wenn das Grundwasser verseucht ist, dann ist das nicht reversibel. Das ist das Problem bei CCS. Wenn das verflüssigte Kohlendioxid mal im Boden ist, dann ist es im Grunde genommen nicht mehr beherrschbar. Und es muss auch für immer dort unten bleiben, über Millionen von Jahre, denn sonst ist der Klimaeffekt ja auch weg.

    Reimer: Die Wasserwirtschaft hat Bedenken gegen die Speicherung von CO2 unterirdisch. Ich sprach mit Christa Hecht, der Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AÖW). Vielen Dank nach Berlin.

    Hecht: Ja, bitte.