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Gegen den Stress am Arbeitsplatz

Yoga ist kein schweißtreibender Sport. Die Bewegungen sind eher langsam und fließend. Es geht auch nicht darum, möglichst viele Kalorien zu verbrennen, sondern Körper und Geist zu entspannen. Ideal also für diejenigen, die durch ihre Arbeit verspannt oder im Stress sind.

Von Josefine Janert | 07.11.2007
    Ein Konferenzraum der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin: Tische und Stühle sind zur Seite gerückt. Sechs Frauen zwischen 35 und 50 Jahren schlüpfen in Trainingshosen und T-Shirts. Einmal in der Woche halten sie sich ihre Mittagspause für einen Kurs in Businessyoga frei. Diese Yogarichtung findet vor allem in großen Städten immer mehr Anhänger unter Angestellten und Selbständigen. Die Übungen sind speziell für Menschen gedacht, die viele Stunden am Schreibtisch verbringen.

    " Und zwar gibt's ja ganz bestimmte stressbedingte Symptome. Das sind Muskelverspannungen im Schulter- und Nackenbereich oder auch im Rückenbereich. Und da kann man dann halt mit dem Businessyoga besonders gut drauf eingehen."

    Susanne Lutz ist Ingenieurin. Auf der Suche nach einem Ausgleich zu ihrem anstrengenden Beruf fand sie schon 1993 zum Yoga. Nach verschiedenen Fortbildungen ist sie inzwischen als Yogalehrerin tätig. Businessyoga unterrichtet sie in mehreren Berliner Behörden.

    " Grad, wenn man gestresst ist, werden die Nerven stark in Mitleidenschaft gezogen. Man kann halt nicht mehr so gut abschalten, hat vielleicht auch Schlafstörungen. Die Gedanken kreisen ständig nur noch um das eine Thema, nur noch um die Arbeit. Yoga hilft einem dann, dass man wieder mehr zu sich selbst finden kann, ja, einfach, um
    Abstand zu gewinnen."

    Petra S. lernte Businessyoga an einem "Gesundheitstag" kennen, den ihr Arbeitgeber anbot. Die 44-jährige Verwaltungsangestellte war so begeistert, dass sie sich sofort zum ersten Kurs anmeldete. Ihr gefällt, dass sie mit ihren Kolleginnen aus der Senatsverwaltung zum Kurs gehen kann.

    " Man motiviert sich auch ein bisschen, nach dem Motto: Kommste heute mit oder nicht? (...) Also, ich versuch das immer einzurichten, wenn nicht gerade irgendwelche dienstliche Sachen vorgehen."

    Eine Kollegin sieht das ähnlich.

    " Also das ist eine rein zeitliche Angelegenheit, dass es uns im Moment hier einfach gemacht wird, dass der Weg nicht weit ist und es zeitlich dann auch keine Ausrede gibt, nicht hinzugehen."

    Nicht nur bei Susanne Lutz, auch in anderen Yogakursen sind Frauen in der Überzahl. Offenbar finden sie eher als Männer Gefallen daran, ihre Muskeln zu dehnen und zu entspannen. Während Lutz in den Räumen ihrer Auftraggeber unterrichtet, mieten manche Firmen für ihre Mitarbeiter eigens ein Yogastudio an. Auch bei Führungskräften aus der Wirtschaft ist Businessyoga beliebt. Sie buchen allerdings oft eher Einzelunterricht bei einem Yogalehrer, so dass die Angestellten in den Gruppenkursen meist unter sich bleiben. Durch Businessyoga wird ihr Teamgeist gestärkt, meint Susanne Lutz.

    " Es ist ja auch beim Betriebssport so, dass man sich besser kennen lernt dadurch, dass man da gemeinsam hingeht. Aber beim Yoga ist es eben auch so, dass Yoga generell öffnet. (...) Also man bekommt auch ne bessere Intuition, versteht einfach besser, mit Menschen umzugehen. Dadurch kann man auch mit seinen Arbeitskollegen besser klarkommen und das wirkt sich auch besser aufs Betriebsklima aus."

    Petra S. hat ihre Matte vor dem Fenster ausgebreitet. Die Gespräche verebben. Susanne Lutz führt die erste Übung vor.

    " Komm erst mal ganz bei dir an. Schließe die Augen. Spüre den Boden unter dir. Dadurch streckt sich der Rücken. Die Wirbelsäule streckt sich. Der Nacken streckt sich."

    Das Duzen ist beim Yoga üblich. Die meisten Übungen werden im Sitzen oder Liegen ausgeführt. Yoga ist kein schweißtreibender Sport. Die Bewegungen sind eher langsam und fließend. Es geht auch nicht darum, möglichst viele Kalorien zu verbrennen, sondern Körper und Geist zu entspannen.

    " Rolle einmal mit den Schultern nach hinten. Dadurch weitet sich dein Brustkorb. Lass die Schultern ruhig etwas zurückgezogen. Atme jetzt ganz bewusst tief ein und aus."

    Petra S. hält ihre Augen geschlossen. Ihre Gesichtszüge sind gelöst. Sie lächelt. Ein Yogakurs pro Woche reicht ihr völlig aus. Sie interessiert sich eher für die Übungen als fürs Meditieren und für den philosophischen Aspekt des Yoga. Im Vergleich zu vielen anderen Yogarichtungen tritt der beim Businessyoga ohnehin etwas in den Hintergrund.

    " Reib jetzt die Handflächen aneinander, um dich auszustimmen. Bring die Handflächen vor dem Brustbein zusammen. Atme tief ein zu Beginn."

    Nach neunzig Minuten klingt der Yogaunterricht mit einem Mantra aus. Dieses Singsang soll Körper und Geist harmonisieren. Petra S. verabschiedet sich voller Elan in ihr Büro.

    " Ich hab Knieprobleme und ich hatte Rückenbeschwerden. Die sind aber, seit ich hier am Kurs teilnehme, auch weggegangen."