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Gegen eine Politisierung des Islams
Der Philosoph Taha Aberrahmane

Taha Abderrahmane ist ein marokkanischer Philosoph und Universitätsprofessor für Logik. Er hat sich einen Namen als jemand gemacht, der betont, dass der Sufismus, die islamische Mystik, die beste Lösung für die Zukunft des Islam sei.

Von Abderrahmane Amma | 13.10.2014
    Marokko - Kasbah des Oudaias in Rabat, 14.12.2011
    Der Philosoph Taha Aberrahmane lehrt in Rabat, hier die Kasbah des Oudaias. (picture alliance / Friedel Gierth)
    Taha Abderrahmanes Vorbild ist der persische Philosoph Abu Ḥāmed al-Ġhazālī aus dem 11. Jahrhundert, der sich im Laufe seines Lebens immer mehr der Mystik zugewandt hat. Eines seiner berühmtesten Werke ist "Die Inkohärenz der Philosophen", in dem er Kritik an einer ganz auf Logik ausgerichteten Philosophie übte.Dazu der marokkanische Islamwissenschaftler Montasir Hamad:

    "Al Ghazali wurde Beweisführer des Islams genannt. Seine Haltung zur Philosophie war allerdings zwiespältig. Er kannte die islamische Philosophie sehr gut, lehnte aber jedes Verständnis von Philosophie ab, das sich selbst als ein eigener Weg zur Wahrheit verstand. Er war davon überzeugt, dass die Philosophie letztlich nicht zur Erkenntnis Gottes führen kann. Für ihn kann allein die Selbsterkenntnis zum Schlüssel zur Gotteserkenntnis werden."

    An diese Gedanken knüpft auch der marokkanische Philosoph Tahar Abderrahmane an, indem er zwischen menschlicher Gelehrsamkeit und Unterstützung durch Gott unterscheidet und von drei verschiedenen Arten der Vernunft ausgeht.
    "Es gibt einmal die abstrakte Vernunft, die völlig unabhängig vom islamischen Glauben und vom islamischen Recht ist. Diese Stufe der Rationalität ist für ist ein Erbe der griechischen Philosophie und Kultur."
    Das Konzept der "zweiten Vernunft"
    Diese abstrakte Vernunft ist von den materiellen Umständen abhängig, aber nicht in der Lage bei der Erkenntnissuche die ganze Wahrheit zu erreichen. Deshalb benötigt man noch eine zweite Vernunft, die Taha Abderrahmane die hervorragende Vernunft nennt.
    "Diese ist mit dem islamischen Recht verbunden und dient der Versöhnung zwischen Wissenschaft und Glauben. Er ist allerdings der Meinung, dass diese Stufe der Vernunft zur moralischen Schädigung führen kann."
    Denn hier besteht die Gefahr, dass versucht wird, den Glauben wissenschaftlich zu erklären und der Wissenschaft eine religiöse Bedeutung zu geben. Diesen Irrtum kann man, so Taha Abderrahmane, nur vermeiden, indem man eine dritte Stufe der Vernunft erreicht.
    "Denn es gibt schließlich noch die unverzichtbare von Gott bekräftigte Vernunft, die nur durch Disziplin und Spiritualität mit der Unterstützung Gottes erreicht werden kann."
    Leben in Einheit mit Gott
    Deshalb sprechen Mystiker nicht von der Religion als Pflicht, sondern für sie ist es wichtig, mit Gott in einer Einheit zu leben. Auf dem Weg dieser Erfahrung verbringen die Mystiker viele Stunden der Meditation, in denen sie sich in religiöse Texte und in mystische Tänze und Gesänge vertiefen. ie hoffen auf diese Weise mit Gott eins zu werden. Alle mystischen Schulen im Islam stimmen darin überein, dass man zur Erfahrung der von Gott bekräftigten Vernunft auch die Hilfe eines spirituellen Meisters braucht. Nur auf diesem Weg der Spiritualität kann man letztlich die Armut der eigenen Seele überwinden. Deshalb heißt es auch schon bei al-Ghazali im Elixier der Glückseligkeit: "Der Schlüssel zur Erkenntnis Gottes ist die Selbsterkenntnis."
    Daher betrachten islamische Mystiker auch nicht alle Ungläubigen als ihre Feinde, wie die Islamisten dies tun, sondern die Mystiker verstehen die eigene fehlgeleitete Seele als ihren größten Feind. Und Al-Gazali, an dem sich wie Taha Abderrahmane, bis heute viele islamische Mystiker orientieren schreibt in seiner Autobiographie "Der Erretter aus dem Irrtum":
    "Ich wusste mit Gewissheit, dass die Sufis diejenigen sind, die auf dem Wege des erhabenen Gottes voranschreiten und ihre Gesinnung die reinste aller Gesinnungen ist. Denn alle ihre Bewegungen und Ruhehaltungen, in ihrem Äußeren und Inneren, sind dem Licht der Prophetie entnommen. Hinter diesem Licht gibt es kein anderes Licht auf Erden, von dem Erleuchtung erlangt werden kann."