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Gegen Landflucht und Arbeitslosigkeit

Perspektivforum nennt der Deutsche Bauernverband seine Veranstaltung über ländliche Entwicklungspolitik in Deutschland. Und mit den Perspektiven sind vor allem die finanzieller Art gemeint. Konkret: Wem steht ab dem Jahr 2007 wie viel Geld zur Verfügung? Die Landwirte rechnen mit großen Einbußen, schließlich wollen auch die neuen EU-Staaten im Osten Europas aus den Brüsseler Fördertöpfen bedient werden. Lässt sich die Landwirtschaft überhaupt noch im bisherigen Ausmaß halten?

Von Ursula Mense | 03.06.2004
    Wie kann die Europäische Kommission verhindern, dass die ländlichen Räume – vor allem in strukturschwachen Gegenden – der Landflucht, Überalterung und vor allem der Arbeitslosigkeit zum Opfer fallen? Und wie wird sie eine Politik, die das verhindern will, finanziell ausgestalten?

    Zwei Fragen, die im Mittelpunkt der Bonner Veranstaltung stehen und die die Teilnehmer auch heute noch beschäftigen. Mit Blick auf das Eckpunkte-Papier der Bundesregierung kritisierte Adalbert Kienle, der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, dass die Bundesregierung den Finanzrahmen von 2007 bis 2013 auf höchstens ein Prozent des Bruttonationaleinkommens begrenzen will.

    Die Rechnung ist für mich doch schnell ausgemacht. Erstens haben wir einen erweiterte EU, zehn neue allesamt wirtschaftsschwache Mitglieder. Zwei weitere kommen demnächst dazu, nämlich Bulgarien und Rumänien und zweitens hat die Politik mit Unterstützung der Gesellschaften der EU weitere wesentliche Aufgabenbereiche zugewiesen und damit ist doch drittens klar, dass bei einer dauerhaften Absenkung der EU-Finanzmittel vor allem auch die ländliche Entwicklung unter die Räder kommen würde.

    Die Befürchtung ist groß, dass darunter nach 2007 vor allem die neuen Bundesländer leiden müssen. Denn die EU-Strukturfördermittel werden sich vor allem auf die Beitrittsländer konzentrieren, sprich Gelder dorthin fließen. Bisher zählen in Deutschland die neuen Bundesländer zu den sogenannten Ziel-1 Gebieten. Da sie weniger als 75 Prozent des EU-Bruttosozialproduktes erwirtschaften, werden sie besonders gefördert.
    Beispiel Sachsen-Anhalt. Bis 2006 wird das Land allein aus den beiden entsprechenden Fördertöpfen der EU 930 Millionen Euro erhalten haben. Andere EU-und Bundesmittel hinzugerechnet, kommt sogar eine Größenordnung von über zwei Milliarden Euro zustande. Eine stattliche Summe, die sinnvoll verwendet worden sei, betont Dr. Georg Herwarth aus dem Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt. Er zählt auf, wohin das Geld geflossen ist und wehrt sich gegen Anschuldigungen, die den Osten als ein einziges Millionengrab brandmarken.

    Wir hatten in der DDR übertrieben hoch spezialisierte überdimensionale Betriebe. Das Eigentum an Grund und Boden spielte praktisch keine Rolle und Umweltschutz stand nur auf dem Papier. Nach der Wende sind daraus stabile Betriebsstrukturen entstanden, Betriebe von denen sich viele am Markt behaupten können, wenn die gemeinsame Agrarpolitik das marktwirtschaftlich zulässt. Und das alles ist abgelaufen ohne soziale Verwerfungen oder gar soziale Unruhen. Das bleibt eine enorme Leistung. Die wäre ohne öffentliche Fördermittel nicht möglich gewesen.

    Allerdings fehlten nachvollziehbare Methoden, um die Erfolge im Vergleich zur übrigen Wirtschaftsförderung angemessen zu bewerten. So seien in den ersten drei Förderjahren in landwirtschaftlichen Unternehmen und Betrieben der Ernährungswirtschaft mehrere tausend Arbeitsplätze gesichert worden.

    Mit Abstand die meisten Fördermittel gingen an die Tierproduktionsbetriebe. Das Geld ist vor allem in Ställe und Gülleanlagen geflossen. Es diente nicht nur der Rationalisierung, sondern auch gleichzeitig der Verbesserung der Tierhaltung, also den Tierschutz und dem Umweltschutz.

    In der Ernährungswirtschaft würden immer noch neue Arbeitsplätze geschaffen, so dass das Geld hier auch nach 2006 gut angelegt sei.
    Die Förderung des ländlichen Raumes müsse erhalten bleiben um der Abwanderung und dem Beschäftigungsrückgang entgegen zu wirken. Und so gibt es für die Förderung nach 2006 konkrete Vorstellungen in Sachsen-Anhalt.

    Der größte Bereich wird damit etwa 63 Prozent der zu erwartenden Mittel der Bereich der ländlichen Strukturen sein. Auch das wird künftig unser größter Maßnahmeblock, die ganze ländliche Infrastruktur, Thema Wasserressourcen ist hierin enthalten. Unklar ist uns zur Zeit noch, was aus dem Hochwasserschutz wird, der vierte Bereich, Verbesserung Management, Qualität, hier sind wir noch nicht weit fortgeschritten. Im Augenblick denken wir darüber nach, dass wir Mittel auf jeden Fall einsetzen wollen zur Beratung der Landwirte.