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Geheimdienstrede
"Wir müssen das Vertrauen der Welt wiedergewinnen"

Wie erwartet hat US-Präsident Obama die Geheimdienstarbeit seines Landes im Kern verteidigt. Er kündigte aber ein Ende der Überwachung verbündeter Regierungschefs an und Einschränkungen beim Ausspähen ausländischer Bürger. Brüssel und Berlin begrüßen das - Julian Assange nicht.

17.01.2014
    Obama bei seiner Rede zur NSA-Reform
    Obama bei seiner Rede zur NSA-Reform (AFP / Saul Loeb)
    In einer Rede im Justizministerium in Washington sagte Obama Staats- und Regierungschefs eng befreundeter Regierungen sollen nicht überwacht werden. Grundsätzlich aber gehe die Überwachung anderer Regierungen weiter; dies würden andere Länder auch tun.
    Der US-Präsident versprach auch einen stärkeren Schutz der Privatsphäre ausländischer Bürger. Es solle künftig keine wahllose Überwachung mehr geben. Die Geheimdienste sollten Ausländer nur im Zuge des Anti-Terror-Kampfes überwachen oder wenn die nationale Sicherheit gefährdet sei. Der Schutz von Ausländern solle dem von Amerikanern angepasst werden.
    Für Amnesty International sind die Ankündigungen unzureichend
    Die Bundesregierung begrüße die Ankündigung, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Für die Bundesregierung gelte nach wie vor, "dass auf deutschem Boden deutsches Recht zu respektieren ist, auch und gerade von unseren engen Partnern und Verbündeten". Die EU-Kommission äußerte sich ebenfalls zufrieden. Das Vorgehen Obamas zeige, dass berechtigte Sorgen in Washington gehört worden seien, teilte eine Sprecherin in Brüssel mit. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, Clemens Binninger (CDU), ließ sich ähnlich ein. In Berlin unterstrich er, Obamas Rede habe gezeigt, "dass in den USA ein Umdenken eingesetzt hat, was den Umgang mit den Daten der Bürger im In- und Ausland angeht."
    Enttäuscht reagierte indes der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen. Obamas Reformvorschläge seien eher technischer Natur und hätten leider nicht das grundsätzliche Problem aufgegriffen, sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel" aus Berlin. Wikileaks-Gründer Julian Assange kritisierte die Ankündigungen Obamas als völlig unzureichend. "Er war sehr zögerlich, konkrete Reformen zu machen. Und leider haben wir auch heute sehr wenige konkrete Reformen gesehen", sagte Assange in einem Interview mit dem US-Sender CNN. Auch der Chef von Amnesty International USA, Steven Hawkins, sieht die Privatsphäre weiterhin bedroht. Obamas Ankündigungen reichten nicht aus, die ernsten weltweiten Sorgen auszuräumen.
    Erinnerung an 9/11
    Obama kündigte auch Einschränkungen beim Zugriff der NSA auf Telefon-Anrufdaten an. Künftig müsse die Behörde in der Regel jedes Mal die Zustimmung eines Geheimgerichts einholen, bevor sie Einblick in die Daten nehmen könne. Zudem sollen die Informationen, darunter die Rufnummern und die Dauer des Gespräches, bald nicht mehr bei der NSA selbst gesammelt werden. Geheimdienste und Justizminister haben bis zum 28. März Zeit, Vorschläge für alternative Ansätze zu machen.
    Zugleich machte der US-Präsident auch deutlich, dass die US-Geheimdienste weiter Daten erheben und Kommunikation überwachen würden. Die Terrorangriffe vom 11. September 2001 hätten die Notwendigkeit deutlich gemacht, die Überwachung von gegnerischen Nationen auf Individuen und Gruppen auszuweiten, um solche Attacken künftig zu vermeiden. Auf diese Weise seien viele Angriffe verhindert und Menschenleben geschützt worden. Allerdings brächten die verbesserten Geheimdienstmethoden auch die Gefahr mit sich, dass die Regierung übertreibe und die massenhafte Datensammlung durch den Staat missbraucht werde, räumte Obama ein.
    Obama fordert mehr Transparenz
    Konkret forderte er den Kongress auf, eine unabhängige Gruppe zu schaffen, die in einem zuständigen Geheimgericht die öffentlichen Interessen vertritt. Das Gericht entscheidet über die Überwachungsprogramme und kontrolliert die Tätigkeit der Spionagebehörden.
    Obama verlangte zudem mehr Transparenz bei den bislang geheimen Aufforderungen von Ermittlungsbehörden an Unternehmen, Informationen über Verdächtige an den Staat zu übermitteln. Diese Behördenanfragen sollen künftig nicht mehr unbegrenzte Zeit geheim bleiben. Zudem sollen Kommunikationsunternehmen mehr Informationen als bisher über die Aufforderungen öffentlich bekanntmachen dürfen.
    Die Spähaktivitäten der NSA waren seit vergangenem Sommer durch die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden nach und nach ans Licht gekommen. Auch Spitzenpolitiker befreundeter Staaten wie Bundeskanzlerin Angela Merkel sollen Ziel der Ausspähaktionen gewesen sein.