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Geheimnis des West-Nil-Virus gelüftet

Medizin. - Lange Zeit gab das inzwischen auch in den USA und Kanada verbreitete West-Nil-Virus Wissenschaftlern Rätsel auf. Denn der Erreger verhält sich lange ruhig, um dann wieder plötzlich gefährlich zu werden und größere Ausbrüche zu verursachen. Jetzt haben Forscher den Grund dafür entdeckt.

Von Michael Lange | 13.08.2007
    Möglicherweise wurde schon Alexander der Große von einem West-Nil-Virus infiziert und starb an der folgenden Hirnhautentzündung. Vorboten kündigten das Ableben des Herrschers an, schrieb im 2. Jahrhundert vor Christus der griechische Gelehrte Plutarch. Bei ihm heißt es: Bevor Alexander starb, fielen tote Raben vom Himmel. Damit gibt Plutarch den Hinweis, der die Wissenschaftler von der Universität von Kalifornien in Davies nun einen wichtigen Schritt voran brachte. Sie haben herausgefunden, warum das West-Nil-Virus immer wieder plötzlich gefährlich wird und den Menschen bedroht, wie zurzeit in Nordamerika. Den Schlüssel zur Lösung des Rätsels lieferten: die Vögel. Eine kleine Erbgutveränderung des Virus, eine Mutation, beeinflusst, so die neuen Ergebnisse, vor allem die Virusvermehrung in Krähen und Rabenvögeln. Aaron Brault:

    "Das Virus vermehrt sich nach der Mutation viel besser in Vögeln als vor der Mutation. Dadurch befällt es viel mehr Mücken. Die Mücken übertragen das Virus auf den Menschen. Je mehr Mücken das Virus tragen, um so größer die Gefahr, dass Menschen angesteckt werden."

    Dies gelte, so Aaron Brault, nicht nur für die derzeit in Nordamerika verbreiteten West-Nil-Viren. Die gleiche Mutation trat und tritt immer wieder auf.

    "Wenn man sich die letzten großen Ausbrüche anschaut, in Ägypten in den fünfziger Jahren, in Rumänien und Russland in den Neunzigern und zuletzt den israelisch-amerikanischen Ausbruch, so fällt auf, dass die verursachenden Viren stets die gleiche Mutation in sich trugen."

    Die nun entdeckte Mutation führt dazu, dass ein Enzym namens Helicase effizienter arbeitet als zuvor. Die Helicase wird gewissermaßen im Auftrag des Virus von der infizierten Zelle gebildet. Die effizientere, mutierte Helicase erhöht die Geschwindigkeit der Virusproduktion in den Zellen. Das gilt insbesondere für die Virusvermehrung in Vögeln, wie die amerikanischen Forscher jetzt zeigen konnten. In den USA führte das dazu, dass West-Nil-Viren sich in amerikanischen Krähen ausbreiteten. In den Regionen, in denen das Virus zur Gefahr wurde, wurden immer auch gehäuft tote Krähen gefunden. Dass dafür tatsächlich die nun entdeckte Helicase-Mutation verantwortlich ist, konnten Aaron Brault und sein Team durch einen einfachen Versuch beweisen.

    "Wir können ein Virus nehmen, das in Vögeln nur geringe Virusmengen erzeugt. Dann führen wir gezielt diese Mutation durch, die für die nordamerikanische Mutante typisch ist. Dann erhöht sich die Virusvermehrung in den Vögeln auf das Hunderttausendfache."

    Die Forscher hoffen, dass ihre Entdeckung von Pharmazeuten aufgegriffen wird. Durch neue Medikamente könnte man die effizienter gewordene Helicase ausschalten. Am besten allerdings wäre es, die Viren in den Vögeln zu bekämpfen. Dann ließen sich die immer wieder kehrenden West-Nil-Virus Ausbrüche möglicherweise ganz verhindern.