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Geheimnisvolle Sphären

Die Mesosphäre ist die mittlere Schicht der Atmosphäre in 50 bis 85 Kilometern Höhe. Die weitgehend unerforschte Luftschicht hält viele Überraschungen bereit: seltsame Luftzirkulationen oder die sogenannten Nachtwolken. Das nach dem Polgott der Inuit benannte Experiment Uppik soll die Phänomene kommendes Jahr untersuchen.

Von Guido Meyer | 26.06.2013
    Kanadas Ureinwohner, die Inuit, vermuten einen Gott, der irgendwo am Nordpol wohnt und über die Welt wacht. Sein Name: Uppik. Für die Indianer ist er - nach der Sage - für die rätselhaften Nachtwolken oder Höhenwolken verantwortlich.

    Nur im Sommer sei es in den oberen Schichten der Atmosphäre, der sogenannten Mesosphäre, kalt genug, damit sich diese Wolken formen können, erklärt Jason Reimuller vom Space Science Institute in Boulder, ungefähr vierzig Kilometer nordwestlich von Colorados Metropole Denver gelegen.

    Die Mesosphäre sei eine weitestgehend unerforschte Region, ergänzt der US-Wissenschaftler. Er und sein Team haben ihr neues Experiment denn auch Uppik genannt. Ebenfalls Mitglied im Uppik-Team ist David Fritts, der für die Luft- und Raumfahrtfirma GATS in Colorado als Atmosphärenphysiker arbeitet:

    "Wir haben mittlerweile verstanden - durch Beobachtung und durch Modelle -, wie die Luftzirkulation in der Mesosphäre abläuft. Luft wird aus den Sommerbreitengraden des Planeten abgesaugt und auf die Winterhalbseite der Erde befördert. Wie das jedoch im kleinen Maßstab genau vor sich geht, das ist uns noch ein Rätsel. Deswegen wollen wir tomografische Schnittbilderaufnahmen vom inneren Aufbau der Höhenwolken erstellen."

    Genauso unverstanden wie Luftbewegungen und Luftzirkulationen in diesen Höhen zwischen sechzig und achtzig Kilometer ist der Prozess der Bildung und des Heranwachsens von Höhen- oder Nachtwolken in diesen Schichten der Atmosphäre. Der Meteorologe Zoltan Sternovsky, ebenfalls Mitglied im Uppik-Team, erklärt die derzeit gültigen Theorien zum Aufbau der Wolken:

    "Nachtwolken bestehen aus Staub und Eis. Das Eis ist gefrorener Wasserdampf; die Staubpartikel sind die Überreste von Meteoriten, die in die Atmosphäre eindringen. Wir wollen dies künftig nicht nur aus der Ferne beobachten, sondern durch diese Wolken hindurch fliegen, sie der Länge, Breite und Höhe nach vermessen und untersuchen."

    Im nächsten Jahr soll erstmals der neue private Raumgleiter Lynx der Firma XCOR starten. Er ähnelt den früheren Space Shuttles, ist nur wesentlich kleiner. Das nur schuhkartongroße Experiment Uppik ist dabei auf dem Kopilotensitz untergebracht. Während des kurzen Fluges wird es von einem Wissenschaftler in Echtzeit bedient werden, erklärt Jason Reimuller vom Space Science Institute in Colorado.

    "Ein Wissenschaftler wird die Instrumente aus dem Innern des Raumgleiters bedienen. Dabei werden Kameras und ein laserunterstütztes Radar von innen durch die Cockpitfenster nach draußen blicken. Auf dem Dach des Raumgleiters können Temperaturfühler und Aerosoldetektoren angebracht sein, die Menge und Dichte von Staubteilchen messen. Uppik ist somit modular aufgebaut; alle Instrumente sind austauschbar."

    Zwar werden solche Messungen auf maximal vier Minuten begrenzt sein, bevor der Raumgleiter Lynx auf seinem Parabelflug zurück fällt Richtung Erde. Sie lassen sich jedoch mehrmals am Tag wiederholen. Und somit steigt die Hoffnung, dem Polgott Uppik doch einmal ins Auge blicken zu können.