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Geiselnahme in Köln
Identität des Täters geklärt

Die Identität des Mannes, der am Montag am Kölner Hauptbahnhof eine Geisel genommen hatte, ist zweifelsfrei geklärt. Es handelt sich um einen 55-jährigen Syrer, der seit März 2015 als geduldeter Asylbewerber in Köln lebt. Die Bundesanwaltschaft prüft, ob sie den Fall übernimmt.

Von Moritz Küpper | 16.10.2018
    16.10.2018, Nordrhein-Westfalen, Köln: Der Hauptbahnhof. Nach der Geiselnahme in einer Apotheke im Kölner Hauptbahnhof prüft die Polizei einen Terror-Hintergrund. Foto: Oliver Berg/dpa | Verwendung weltweit
    Am 16.10.2018 hatte der Täter in einem Schnellrestaurant im Kölner Hauptbahnhof einen Brandanschlag verübt und sich anschließend mit einer Geisel verschanzt. Die Polizei prüft derzeit einen terroristischen Hintergrund der Tat. (dpa)
    Stahlkugeln, die mit Klebeband auf Gaskartuschen befestigt waren, dazu eine Tasche und ein Koffer, jeweils gefüllt mit Benzin, sowie eine täuschend echt aussehende Softair-Pistole. Die abschließende Bewertung, ob es sich bei der Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof auch formal um einen terroristischen Anschlag handelt, steht zwar noch aus, klar ist jedoch: Die Auswirkungen hätten deutlich größer sein können.
    "Nach unserer Bewertung hätte das mitgeführte Tatmaterial, als insbesondere Benzin und weitere Gaskartuschen, einen erheblichen größeren Schaden anrichten können, wenn diese Stoffe zu Umsetzung gekommen wären, als das bis jetzt schon geschehen ist", so Kriminaldirektor Klaus-Stephan Becker von der Kölner Polizei.
    Splitterwirkung der Stahlkugeln wäre "verheerend" gewesen
    "Insbesondere die Gaskartusche, die die Geisel vor die Brust halten musste, war mit Stahlkugeln entsprechend präpariert. Also, die Stahlkugeln waren mit Klebeband auf die Kartusche geklebt. Hätte die Kartusche umgesetzt, dann wäre die Splitterwirkung dieser Stahlkugeln natürlich verheerend gewesen."
    Ein Video aus dem Schnellrestaurant, das die Polizei Medienvertretern präsentierte, zeigt den ersten Teil der Tat: Der Mann kauert neben dem Eingang des Schnellrestaurants im Kölner Hauptbahnhof. Mit einem Behälter schüttet er Benzin in die Mitte des Verkaufsraums.
    Anwesend Gäste verlassen die Szenerie, nur das 14-jährige Mädchen, welches schwere Brandwunden erleiden wird, bekommt von den Abläufen nichts mit, bestellt an der Theke. Dann wirft der Mann einen brennenden Gegenstand in die Benzinlache und eine Stichflamme entzündet sich, der Bildschirm wird schwarz. Noch einmal Kriminaldirektor Becker von der Kölner Polizei:
    "Der Täter hat sich anschließend in eine gegenüberliegende Apotheke begeben und hat dort eine 44-jährige Angestellte als Geisel genommen. Er hat diese Geisel im Weiteren mit Benzin überschüttet und bei dem Zugriffsmaßnahmen der Einsatzkräfte hat er versucht, diese Geisel mit einem Feuerzeug anzuzünden."
    Dies gelang jedoch nicht, der Zugriff erfolgte und beendete die Geiselnahme.
    Täter im Koma, nicht vernehmungsfähig
    "Das 14-jährige Mädchen, was in dem Imbiss durch die entsprechenden Brandsätze geschädigt worden ist, hat Hautverbrennungen erlitten. Das Mädchen wird nach unseren Informationen heute nochmals in einem Kölner Krankenhaus operiert. Die Geisel ist mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen, ist also nur leicht verletzt."
    Bei dem Täter handelt es sich – das ist mittlerweile zweifelsfrei geklärt – um einen 55-jährigen Syrer, der seit März 2015 als geduldeter Asylbewerber in Köln lebt. Seine Aufenthaltsberechtigung läuft noch bis zum Jahr 2021. Der Mann sei wegen verschiedener Delikte wie Körperverletzung, Diebstahl, Betrug und Hausfriedensbruch polizeibekannt, hieß es. Er sei insgesamt 13 Mal polizeilich in Erscheinung getreten. Nach einer mehrstündigen Operation sei er nun außer Lebensgefahr, liege im Koma und könne deswegen nicht vernommen werden.
    "Die konkrete Tatmotivation klären wir derzeit noch. Er hat sich während des Tatgeschehens gegenüber Zeugen dahingehend geäußert, dass seine Tatmotivation möglicherweise islamistisch ist."
    In seiner Wohnung stießen die Beamten auf arabische Schriftzeichen, nicht aber auf ein Bekenntnis zur Terrororganisation "Islamischer Staat": "Bei der Wohnungsdurchsuchung haben wir keine konkreten Bestätigungen gefunden, allerdings eine Reihe von Datenträgern, die noch der Auswertung bedürfen."
    Derzeit versuche man zudem herauszufinden, ob der Mann alleine gehandelt habe. Die Staatsanwaltschaft in Köln ermittelt unter anderem wegen versuchten Mordes in zwei Fällen und Geiselnahme. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Tat prüfe die Bundesanwaltschaft jedoch eine Übernahme des Falles.