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Geisterfahrer im All

Astronomie. – "2007 TU24", so heißt der Besucher, der Dienstag der Erde bedenklich nahe kommt. Der Vorbeiflug des rund 250 Meter großen Brocken facht auch die Diskussion an, wie man sich gegen solche Bedrohung aus dem All wehren könnte.

Von Guido Meyer | 28.01.2008
    Hollywood hat es wieder einmal vorgemacht: Im Kinofilm Armageddon starten Astronauten zu einem Asteroiden, der Kurs auf die Erde nimmt. Ihre Aufgabe: auf dem Gesteinsbrocken zu landen und Sprengköpfe auf ihm zu platzieren, die ihn zur Explosion bringen sollen. Solche Szenarien sind nur scheinbar Science Fiction, denn in jedem Monat kommen etwa ein Dutzend Objekte aus dem All der Erde – unter kosmischen Maßstäben betrachtet - relativ nahe. Als besonders kritisch wird derzeit der Himmelskörper Apophis einstuft, der am dreizehnten April 2029 sogar zwischen Erde und Mond hindurch fliegen soll und damit seinem Namensgeber, dem ägyptischen Gott der Zerstörung, auf für die Erde bedrohliche Weise Ehre machen könnte.

    "Es gibt zwei Wege, einen Einschlag zu vermeiden. Zuerst kann man versuchen, das Objekt von der Bahn zu bewegen und es leicht zu schieben. Die andere Methode ist, das Objekt zu zerstören und so in sehr kleine Teile zu zerbrechen, so dass diese kleinen Teile von der Atmosphäre selbst verbrannt werden und dann nicht mehr gefährlich sind."

    Und das wären auch bereits die einzigen beiden Möglichkeiten, die Riccardo Nadalini vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin erläutert: Entweder die Menschheit bringt das Objekt vom Kollisionskurs mit der Erde ab, oder sie zerstört es.

    "Die Zahlen sagen uns, dass für Objekte, für die wir wenig Zeit haben, es immer besser ist, zu zerstören als zu bewegen. Wenn wir mehr Zeit haben – also jahrelang - dann ist es besser, sie zu bewegen."

    Das Risiko bei der Zerstörung eines anfliegenden Asteroiden besteht darin, dass eine Explosion den Gesteinsbrocken zwar zerlegen würde, seine Trümmer aber nicht notwendigerweise einen anderen Kurs einschlagen, sondern unverändert auf die Erde zuhalten würden. Entdecken Astronomen die Gefahr aus dem All jedoch erst kurzfristig, ist ihre Zerstörung der einzige Ausweg.

    "Wahrscheinlich ist eine Zerstörung nur möglich mit Dynamit – oder nuklear, eine Nuklearbombe. Leider für unser heutiges technologisches Niveau ist nur die Nuklearbombe möglich, weil andere Methoden geben einfach nicht genug Energie."

    Konkret für den Asteroiden Apophis hat die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa nun eine Sonde entwickelt, die sie mit ihrer neuen Ares-V-Rakete 2020 oder 2021 starten will. Nicht direkt auf, sondern unmittelbar vor dem Asteroiden soll das Raumschiff seine Nuklearsprengköpfe zünden, deren Explosion den Gesteinsbrocken zerstören würde.

    "Die andere Methode ist, mit einem so genannten Solar Collector, also mit einem Spiegel, Sonnenlicht auf das Objekt zu konzentrieren, so dass Gas von dem Objekt selbst noch mal wie eine Rakete funktioniert und das Objekt weg von seiner Normalbewegung bringt."

    Diese Möglichkeit favorisiert die europäische Weltraumagentur Esa: In wenigen hundert Metern Entfernung von dem Himmelskörper könnte eine Raumsonde parken und über ihre Spiegel Sonnenlicht auf den Himmelskörper lenken. Temperaturen von mehr als 2000 Grad würden ihn zum Verdampfen bringen. Durch die austretenden Gase erhielte er außerdem einen Bewegungsschub in die entgegen gesetzte Richtung. Astronomen haben errechnet, dass zehn solcher Sonden benötigt würden, um einen 150 Meter großen Asteroiden innerhalb eines halben Jahres von seinem Kurs abzubringen. Die Esa entwickelt parallel ein zweites Projekt namens Don Quijote, das aus zwei Sonden besteht. Die erste, Sancho, soll einen Asteroiden zunächst ein halbes Jahr beobachten.

    "Und dann kommt der Aufschlag des Hidalgo, also des zweiten Spacecrafts, und dieser Aufschlag verändert die Bahn des Asteroiden. Und da man die Bahn vorher schon genau kannte, kann man jetzt, in der zweiten Hälfte, in den zweiten sechs Monaten, die Änderung der Bahn durch den Aufschlag messen."

    In diesem Szenario soll also die kinetische Energie des Aufpralls einer Raumsonde den Asteroiden auf einen neuen Kurs bringen, ohne jegliche Form von Explosion, wie Roger Förstner vom Raumfahrtkonzern EADS Astrium in Friedrichshafen erläutert. In diesem Jahr will die Esa über die Realisierung von Don Quijote entscheiden,so Ian Carnelli vom europäischen Weltraumforschungszentrum Estec im holländischen Nordwijk.

    "Die Mission wird Ende des Jahres dem Esa-Ministerrat vorgelegt, der über ihre Realisierung entscheiden wird. 2011 könnten die Sonden dann starten. Das gesamte Projekt dürfte fünf Jahre dauern."