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Geisteswissenschaftler
Studierende organisieren Crowdfunding-Projekt

Vier Geisteswissenschaftler von der Universität Duisburg-Essen haben ihre Bildung jetzt selbst in die Hand genommen und ein Crowdfunding-Projekt auf die Beine gestellt. Das soll ihnen das nötige Kleingeld für eine Weiterbildung als Projektmanager beschaffen.

Von Dirk Biernoth | 12.03.2015
    Studenten sitzen in einem Hörsaal bei der Erstsemesterbegrüßung der Universität Koblenz-Landau im April 2014 im Hörsaal.
    Und nach dem geisteswissenschaftlichen Studium bestens auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? (dpa / picture-alliance / Thomas Frey)
    Sie sind angehende Germanisten oder Kulturwirte. Und sie wollen mehr lernen, als ihr Studiengang hergibt. Steffen Rix, Simone Harpering, Sahra Popal und Christian Keyzers brauchen etwas mehr als 10.000 Euro für ihre Weiterbildung zum Projektmanager. Denn ohne diese Weiterbildung, da ist sich Steffen Rix sicher, endet er nach seinem Studium doch noch als Taxifahrer.
    "Man hat dann ein unglaubliches Wissen und da gibt es auch viele Angebote, aber wenn es darum geht, wo kann ich damit arbeiten, was kann ich damit machen. Das jetzt im kulturellem Betrieb selber anwenden, ist dann meistens so, wenn man auf dem Arbeitsmarkt ist, das kenne ich jetzt von Kommilitonen, die fertig sind, dann sagen die Unternehmen: Ja, wir nehmen sie gerne als Praktikant, weil sie können nicht nichts, aber wenig. Also, wie sollen wir sie jetzt in den Betrieb integrieren?"
    Viele Unternehmen haben Berührungsängste, wenn es um die Einstellung von Geisteswissenschaftlern geht. Sie wünschen sich oft mehr Praxiswissen. Es fehle sowohl den Betrieben als auch den Geisteswissenschaftlern an Mut, meint Ruth Girmes. Sie ist seit mehr als 20 Jahren Karriereberaterin an der Universität Duisburg-Essen. Ihrer Meinung nach müssten die Geisteswissenschaftler mehr Selbstbewusstsein dafür entwickeln, dass sie ihr Wissen auch in der Praxis anwenden können. Ruth Girmes hat schon vielen Geisteswissenschaftlern zu einem Job verholfen.
    "Ich kann deswegen auch aus Erfahrung sagen, dass Geisteswissenschaftler in keinster Weise ein akademisches Mängelwesen sind, sondern dass sie vollausgebildete Fachkräfte sind, wie andere eben auch. Vielleicht mit der einen Einschränkung, dass sie spezifische Herausforderungen haben, dass sie nicht für bestimmte Berufe sich qualifizieren, sondern eher für Schnittstellenfunktionen und so weiter."
    Eigeninitiative ist immer gut
    Doch vielen Geisteswissenschaftlern reicht das offenbar nicht mehr - so wie den vier Studierenden aus Essen. Sie wollen lernen, wie sie ihr Wissen in Projekten anwenden können. Simone Harpering hat als Kulturwirtin natürlich auch einen betriebswirtschaftlichen Anteil in ihrem Studium. Doch ihrer Meinung nach reicht das nicht, um später auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können.
    "Es ist sehr theorielastig. Und bei Projektmanagement ist halt das Gute, dass man eigentlich überhaupt keine Theorie hat, sondern das sind alles so praktische Anweisungen, was man wie machen muss. Ich meine, auch in der Kultur geht es um Geld. Also, man muss mit den Mitteln, die da sind, sehr wirtschaftlich handeln. Ja, gerade die Geisteswissenschaftler wollen gerne in die Kultur. Deswegen ist es eigentlich unheimlich wichtig, dass die so etwas lernen. Aber das wird im Moment überhaupt nicht angeboten."
    Uni-Karriereberaterin Ruth Girmes ist zwar nicht überzeugt davon, dass Geisteswissenschaftler es unbedingt nötig haben, sich weiterzubilden, um einen Job zu bekommen, aber sie findet die Idee der vier Studierenden sympathisch.
    "Eigeninitiative ist immer gut. Das kann man auch nur unterstützen. Jetzt mal unabhängig davon, was sie nachher auf die Beine stellen werden können. Aber, was man dabei ja auch lernt, ist, wie gehe ich so ein Projekt, nämlich eine Weiterbildung im Projektmanagement auf die Beine zu stellen, auch an. Was man in einem Portfolio im Lebenslauf sehr, sehr gut darstellen kann."
    Sechs Monate dauert die Weiterbildung zum Projektmanager. Der Countdown auf der Crowdfunding-Seite visionbakery.com dauert dagegen nur noch bis zum 17. März. Unter dem Namen "Project EY", also Educate Yourself, werben die vier Studierenden um Spenden. Je nach Höhe der Spende gibt es auch eine kleine Gegenleistung, verspricht Steffen Rix.
    "Man kriegt dann seine Cupcake-Backmischung. Und ab 50 Euro geht das dann so hoch. Also, es gibt nachher eine Wunschtorte, wenn man ein ganz großzügiger Spender ist. Also, bei uns gibt es dann zur Unterstützung der Ideologie Schmackhaftes. Also, es wird einem schmackhaft gemacht, dass man unsere Idee mit unterstützt."
    Wenn Sie das Projekt der Studierenden unterstützen wollen, können Sie das hier tun.