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Gekommen um zu bleiben

In Zeiten der Globalisierung ziehen vor allem die renommierten Hochschulen in den USA den akademischen Nachwuchs an. Deutsche Universitäten haben da oft das Nachsehen. Zu starr die Bürokratie, zu unsicher die Karriereaussichten. Eine deutsche Initiative in den USA möchte das nun ändern. GAIN nennt sie sich: Ein Netzwerk für deutsche Forschende in Nordamerika, gegründet vom DAAD, der DFG und der Alexander von Humboldt Stiftung.

Von Arndt Reuning | 08.09.2008
    Eigentlich hatte Melanie Philipp nicht vorgehabt, lange zu bleiben. Zwei Jahre USA hatten es maximal werden sollen. Ihr Forschungsprojekt zu Signalwegen in der Zelle hat die Pharmazeutin dann aber doch so sehr beschäftigt, dass sie nun schon drei Jahre lang an der Duke University in Durham, North Carolina, als Postdoc arbeitet. Die Jahrestagung des GAIN-Netzwerkes hat sie besucht, um sich über die Stellenlage in Deutschland zu informieren.

    "Ich hätte gerne eine Nachwuchsgruppenstelle, gerne wieder in Deutschland. Was der Idealfall wäre, aber wahrscheinlich ein bisschen illusorisch. Es gibt einfach nicht genug Stellen. Von daher kann ich nicht einfach nur nach Deutschland gehen, wo ich gerne hingehen würde. Ich muss mich vielleicht im Ausland auch wieder umschauen. Von daher bin ich verhalten optimistisch."

    Verhalten optimistisch gibt sich auch das Motto der Tagung: "System im Wandel: Erste Reformerfolge in Deutschland" Zu diesen Erfolgen zählen die Veranstalter vor allem die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. 4000 neue Stellen seien durch sie geschaffen worden, davon einige hundert Professuren, sagt Prof. Matthias Kleiner, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

    "Das sind Stellen, die ganz unterschiedlich angelegt sind. Viele Nachwuchsgruppen, das heißt also Möglichkeiten für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, frühe Selbständigkeit zu haben, also eine eigene Forschergruppe aufzubauen. Und das sind hochattraktive Möglichkeiten, die einfach dann junge Leute wieder nach Deutschland ziehen."

    Neben den Hochschulen, an denen dieses Stellen geschaffen entstanden sind, haben aber auch etliche Unternehmen aus der Industrie ihren Weg nach Cambridge gefunden. Bundestagsabgeordnete sind ebenso angereist wie Vertreter deutscher Forschungszentren, zum Beispiel der Max-Planck-Gesellschaft oder der Leibniz-Gemeinschaft.

    "Und da merkt man schon, dass in Deutschland das Interesse da ist, uns zurück zu holen, aber irgendwie sehe ich nicht, wie man uns lockt. Die meisten lernen es doch hier sehr lieben. Dieses ganze Umfeld, die Atmosphäre an der Universität ist ein sehr, sehr motivierendes Umfeld. Und das Gefühl hatte ich in Deutschland nicht in der Form, in der ich dies hier habe. Also Leistung wird hier sehr honoriert."
    Sagt der Chemiker Christian Bleiholder, der seit Februar an der University of California in Santa Barbara forscht. Neben der kreativen Atmosphäre an vielen amerikanischen Vorzeigeuniversitäten gibt es für viele Jungwissenschaftler allerdings auch noch ein anderes Argument, in den USA zu bleiben: die feste Zukunftsperspektive in Form einer unbefristeten Stelle, die ihnen meistens nach einer Bewährungszeit von einigen Jahren angeboten wird. Tenure Track nennt sich dieses Modell, das eine gewisse Sicherheit bietet, aber nicht unbedingt ein Ruhekissen darstellt. Noch einmal Professor Matthias Kleiner von der DFG.

    "Man bekommt mit dem Tenure Track einen unbefristeten Vertrag, der aber natürlich daran gebunden ist, dass die Ressourcen da sind. Zum Beispiel Forschungsprojekte da sind oder die Finanzierung der Universität durch private Spender oder öffentliche Zuschüsse. Und genau darum muss es dann auch in Deutschland gehen. Dass wir die Möglichkeit haben, unbefristete Verträge abzuschließen in den Universitäten. Und wir sind auf dem Weg dahin. Wir haben das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das eine langfristige Beschäftigung aus Drittmitteln ermöglicht. Nur man darf nicht verwechseln Tenure Track mit einer Verbeamtung. Das wird's dann auch so nicht geben."

    Und nicht nur für die langfristige Karriereplanung habe sich in Deutschland schon vieles zum Besseren gewandelt. Auch was die Berufungsverfahren auf neue Stellen angeht. Die seien deutlich transparenter geworden und würden auch zügiger durchgeführt. Auch wenn einige der jungen Forschenden das nicht ganz so positiv sehen können wie der DFG-Präsident, so wissen sie doch die Aufmerksamkeit zu schätzen, die ihnen hier in Cambridge entgegengebracht wird. Noch einmal die Pharmazeutin Melanie Philipp.

    "Ich find's toll hier trotz allem. Ich find's gut. Es gibt, glaube ich, kein anderes europäisches Land, das so eine Veranstaltung durchführt. Von daher ist das ein großes Plus, und ich bin sehr dankbar."