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Geld für den öffentlich-privaten Forschungscampus

Mit 200 Millionen Euro fördert das Bundesforschungsministerium die Idee vom Forschungscampus, bei dem Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmern gemeinsam Projekte verwirklichen.

Von Jürgen König | 25.09.2012
    Das ist die Idee des "Forschungscampus": Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen tun sich mit ihren Kompetenzen zusammen, um an einem gemeinsamen Standort mittel- oder auch langfristig zusammenzuarbeiten. In einer verbindlichen öffentlich-privaten Partnerschaft "auf Augenhöhe", wie heute mehrfach betont wurde. Die Wirtschaft soll dabei von der Expertise und der Infrastruktur der Forschungseinrichtungen und Hochschulen profitieren, diese wiederum erhalten Vorteile durch die Marktnähe der Unternehmen und ihre Finanzkraft. Jeder "Forschungscampus" soll bis zu 15 Jahre lang jährlich bis zu zwei Millionen Euro Fördermittel erhalten. Insgesamt sind dafür im Bundesbildungs- und -forschungsministerium rund 200 Millionen Euro vorgesehen. Dass die Eigenmittel der Unternehmen deutlich höher ausfallen werden, davon ist einer der Juryvorsitzenden, der Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, Henning Kagermann, überzeugt:

    "Die Eigenmittel sind höher. Das hängt natürlich von den einzelnen Projekten ab. Aber es gibt Projekte, wo die Eigenmittel um einen Faktor 3 bis 4 höher sind. Sie können davon ausgehen, dass der Hebel ein Hebel vielleicht Faktor 2 oder so ist. Das wären dann nochmal vielleicht 400 Millionen Euro, die man aus der Industrie bekommt; ich nehme persönlich an, dass dieser Hebel noch viel größer werden wird, weil nach der Vorphase werden sich weitere Konsortialmitglieder bewerben und dann wird noch mehr Geld eingeworben werden. Also von daher gesehen eigentlich gut angelegtes Geld der öffentlichen Hand."

    Das Interesse war groß: Für den Wettbewerb formulierten 100 Universitäten und 30 Fachhochschulen sowie mehr als 250 Unternehmen, auch kleine und mittlere darunter, insgesamt 96 Anträge auf Förderung als Forschungscampus. Zehn davon wurden heute von Bundesforschungsministerin Annette Schavan gekürt: Forschungsverbünde aus Jena und Magdeburg, Stuttgart, Aachen, Wolfsburg und Berlin, mit Großprojekten etwa zur Energieeffizienz, zur Elektromobilität, zur Schlaganfalldiagnose. Oder ein weiteres Beispiel: Auf dem Gelände der Universitätsklinik Mannheim wollen die Universität Heidelberg, die Hochschule Mannheim und die Siemens AG als Kernpartner ein neues Verfahren der Krebstherapie entwickeln. In der Wahl ihrer Strukturen seien die Forschungscampi frei, betonte der zweite Juryvorsitzende, der frühere Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Ernst Rietschel:

    "Also, es muss ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Eine gGmbH ist ein Modell, es gibt auch AGs, dass ein Vorstand gebildet wird, der zusammengesetzt ist auf Augenhöhe aus Wissenschaft und Wirtschaft, um es mal ganz einfach zu sagen."

    Auch die wichtige Frage, wie mit zukünftigen Patenten umgegangen werden soll, habe die Jury offen gelassen.

    "Wir haben einen Patentspezialisten unter uns, Herrn Professor Melullis, der sich sozusagen jeden Campus vorgenommen hat und diese Frage sehr peinlich gestellt hat: Wie haltet ihr es damit? Und das werden sich sehr harte Verhandlungen sein, die aber natürlich immer noch ausstehen. Das muss jetzt erst geschehen. Denn was wir vermeiden wollten, das kann ich auch ganz offen sagen, dass schon vorhandene Verträge eingebracht werden in ein System, was wir jetzt öffentlich bezuschussen: Wo vielleicht der industrielle Partner einen Vorteil hat, ohne dass wir das jetzt sehen können. Wir wollten vermeiden, dass wir in eine Situation hineinkommen, wo dann andere industrielle Partner benachteiligt sind, weil schon Absprachen gemacht worden sind oder Verträge geschlossen."

    Der Forschungscampus: nach den "Innovationsallianzen" und den "Spitzenclustern" ein weiteres Förderprogramm im Rahmen der "HighTech-Strategie" der Bundesregierung. Viel Zuversicht wurde heute verbreitet: Nun muss es nur noch funktionieren.