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Gemeinnütziger Journalismus
Watchblog für Klatsch-Magazine

Der Journalismus steckt seit Jahren in der Krise, da tun alternative Erlösquellen Not. Crowdfunding, das Einsammeln von Geld im Netz, ist da ein Modell. Ein anderes: spendenfinanzierter Journalismus. Der hat es in Deutschland bislang zwar noch schwer. Das Berliner Blog "Topf voll Gold" hat es jetzt aber geschafft: Seit dieser Woche ist es gemeinnützig.

Von Daniel Bouhs | 20.06.2015
    Porträtaufnahme von Moritz Tschermak
    Das Blog "Topf voll Gold" schaut akribisch der Regenbogenpresse auf die Finger. (Deutschlandradio / Daniel Bouhs)
    "Also der entscheidende Satz, auf den man wartet: Die Satzung der vorgenannten Körperschaft erfüllt die satzungsmäßige Voraussetzung nach den Paragrafen 51, 59, 60 und 61 Abgabenordnung."
    Was das Finanzamt so nüchtern formuliert und Moritz Tschermak trocken vorliest, ist eine kleine Revolution: Sein "Topf voll Gold" ist jetzt offiziell eine "gemeinnützige Unternehmung" - als erstes Blog hierzulande, dazu noch als journalistisches Projekt, denn Tschermak schaut mit Kollegen akribisch der Regenbogenpresse auf die Finger. Die Seite "Topf voll Gold" ist ein "Watchblog" für Klatsch-Magazine, die nur allzu oft fantasieren statt recherchieren - zum Leidwesen Prominenter und Adliger.
    "Nur weil die jetzt in der Öffentlichkeit stehen, heißt das nicht, dass die ihre Persönlichkeitsrechte verloren haben. Und so sind wir eben auf deren Seite und das erkennen die glaube ich auch. Deswegen haben wir die Hoffnung, dass die von ihrem vielleicht ganz gut verdienten Geld uns was abgeben und dadurch natürlich dann ganz regulär wie bei jeder anderen Spende auch, eine Spendenerklärung bekommen, die sie dann bei der Steuererklärung einreichen können."
    Spenden für den Journalismus - der "Topf voll Gold" setzt dabei vor allem auf die Prominenz, der die Berichterstattung des Blogs Genugtuung verschafft. Aber würden auch andere für Journalismus spenden, ganz klassische Leser? Ein Stimmungsbild:
    "Wenn's von der Steuer abzusetzen wäre - sicher interessant. Ja."
    "Ich glaube, da die Masse so groß ist an Journalismus - ich glaube, dafür wäre ich nicht bereit, zu spenden."
    "Prinzipiell finde ich es wichtig, dass Journalismus unabhängig ist. Ich glaube aber, dass es noch ziemlich lange dauern würde, bis ich dann wirklich spenden würde."
    Journalismus als gemeinnützige Veranstaltung
    In Deutschland können Skat-Vereine gemeinnützig werden, Sport-Vereine und Bildungseinrichtungen. Auch enthüllender und kritischer Journalismus tut unbestritten etwas für das Gemeinwohl. Das Steuerrecht verschließt sich bislang jedoch der Idee, Journalismus als gemeinnützige Veranstaltung anzuerkennen. Das geht bislang nur über Umwege, etwa wenn Journalisten auch aus- und fortbilden - zusätzlich zu ihrer eigentlichen Arbeit. Nur so hat es im vergangenen Jahr auch das Berliner-Recherchebüro Correctiv geschafft, berichtet Gründungsredakteur Daniel Drepper:
    "Im rechtlichen Sinne sind wie gemeinnützig, weil wir eine Bildungseinrichtung sind. Wir bieten Veranstaltungen an für Bürger zum Thema Informationsfreiheit, zum Thema Auskunftsrechte."
    Damit Unterstützer ihre Spenden von der Steuer absetzen können, tourt Drepper mit seinen Correctiv-Kollegen durch die Republik. Sie machen andere Journalisten fit, aber auch Aktivisten. All das kostet Zeit und Energie. Doch anders geht es nicht.
    "Dieser ganze Bildungsbereich ist tatsächlich etwa 50 Prozent von dem, was wir tun. Nur so können wir auch gemeinnützig sein. Für uns ist das völlig in Ordnung, dass das so ist. Was aber insgesamt natürlich ein Problem ist, ist, dass das nicht jeder leisten kann."
    Ideenkiste ist bereits prall gefüllt
    Journalistenverbände, vor allem aber der Verein Netzwerk Recherche, fordern seit Jahren eine entsprechende Gesetzesänderung - bislang allerdings ohne Erfolg. Deshalb müssen auch die Klatsch-Kritiker nun mehr tun als bloß über die Verfehlungen der Regenbogenpresse zu bloggen. Ihre Ideenkiste ist bereits prall gefüllt, darin Kneipenabende und Vorträge an Universitäten - und noch mehr:
    "Es gibt bei uns durchaus die ernst gemeinte Überlegung, in Altenheime zu gehen oder Tanz-Cafés und so weiter, also zu den Leuten zu gehen, die diese Hefte lesen und da mit denen darüber zu reden, dass da eigentlich ziemlich viel Quatsch drin steht."
    Fortbildungen organisieren, auf Leser zugehen, das eigene Wissen weiter tragen - das steht Journalisten freilich gut zu Gesicht, ist aber auch aufwendig. Solange die Finanzbehörden nur hier und nicht dem eigentlichen Journalismus den Stempel der Gemeinnützigkeit aufdrücken dürfen, bleibt das ein kompliziertes Modell. Aber auch für andere Blogs, so für Lokaljournalismus, fällt den "Topf voll Gold" - Machern etwas ein.
    "Da kann man natürlich auch überlegen: Machen wir vielleicht irgendwie für die Kinder unseres Bezirks ein Mal im Monat oder ein Mal im Quartal 'ne Zeitungs-Werkstatt zum Beispiel. Ich könnte mir vorstellen, dass das dann auch schon in eine Richtung geht, wo man sagt: Okay, dieses Projekt hat einen Bildungs-Aspekt und das könnte man vielleicht als gemeinnützig anerkennen."
    Gemeinnützigkeit im Journalismus - dafür braucht es bis auf Weiteres also nicht zuletzt eines: Kreativität.