Dienstag, 16. April 2024

Archiv


Gemeinsame Bankenaufsicht ja, aber später

Die europäische Bankenaufsicht kommt, das ist ein Ergebnis des EU-Gipfels in Brüssel. Zumindest der rechtliche Rahmen unter der Regie der EZB soll bereits Anfang 2013 stehen. Doch wann die Bankenkontrolleure tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen können, steht nach wie vor in den Sternen.

Von Jörg Münchenberg | 19.10.2012
    Es ist ein Kompromiss, der viele Fragen offen lässt. Nachdem sich Frankreich und Deutschland unmittelbar vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs ein verbales Scharmützel über den Zeitplan für eine Bankenaufsicht geliefert hatten, stehen jetzt zumindest die Rahmenbedingungen fest. Bis Ende des Jahres sollen die EU-Finanzminister die rechtlichen Fragen klären, bevor die eigentliche Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank anschließend aufgebaut werden kann. Auf ein konkretes Datum wollte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel heute ausdrücklich nicht festlegen:

    "Es geht hier, darum, dass man nicht nur um ein paar Tage oder Monate feilscht. Sondern dass wir eine bestimmte Reihenfolge einhalten. Und diese Reihenfolge heißt: erst die rechtliche Grundlage, anschließend der Aufbau einer Überwachsungs- und Aufsichtsbehörde. Und wenn die dann arbeitsfähig ist, dann die Durchführung der direkten Rekapitalisierung. Das heißt, es geht um die richtige Reihenfolge. Und damit auch um Verlässlichkeit."

    Doch allein der Zeitplan für die Klärung der Rechtsgrundlagen bis Ende des Jahres gilt als extrem ehrgeizig. Denn weiterhin ist unklar, welche Banken die Europäische Zentralbank letztlich überwachen soll. Die Zuständigkeit auch für die Deutschen Sparkassen lehnt die Bundesregierung weiter ab. Zudem ist auch offen, wie die 10 Länder, die nicht der Euro Zone, sondern nur der EU angehören, in die Aufsicht mit integriert werden können. Und auch die Vereinbarkeit der geldpolitischen Unabhängigkeit der EZB mit der neuen Aufgabe gilt als schwierig. Jede Menge Arbeit also für die Finanzminister, so die Bundeskanzlerin

    "Ich habe aus der EZB und der Kommission gehört, dass das geht. Ich habe nachgefragt nach der Schwierigkeit der Rechtsfragen. Dennoch ist von vielen auch gesagt worden, dass das sehr komplizierte Fragen sind, die zu klären sind. Und wir werden dann im Dezember sehen, ob wir fertig sind oder nicht. Der politische Wunsch, denn gibt es erst einmal."

    Francois Hollande zeigte sich mit dem erreichten Kompromiss dennoch zufrieden. Zunächst hatte der französische Präsident der Bundeskanzlerin unumwunden wahlkampfpolitische Motive unterstellt, weshalb sie an einer schnellen Umsetzung einer Bankenaufsicht mit einer möglichen Rekapitalisierung von Banken durch den permanenten Rettungsschirm ESM kein Interesse habe. Dennoch gab es auch aus seiner Sicht einen greifbaren Erfolg des Gipfels: die Festlegung auf einen Zeitplan. Es gebe keinen ungenauen Kalender mehr, so Hollande, es gebe jetzt den ersten Januar:

    Ein weiteres Thema dieses Gipfels war der Zwischenbericht von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy zur Umwandlung der Eurozone in eine echte Wirtschafts- und Währungsunion. Konkrete Verabredungen sollen jedoch erst auf dem Dezembergipfel getroffen werden. Dabei geht es beispielsweise um ein eigenes Budget für die Eurozone – die Bundeskanzlerin hat dabei die Schaffung eines Solidaritätsfonds ins Spiel gebracht.

    Wie ein solcher Topf finanziert werden soll, ist jedoch noch völlig unklar. Der von Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagene Super-Währungskommissar spielte auf dem Gipfel dagegen kaum eine Rolle. Griechenland schließlich wurde erwartungsgemäß Unterstützung zugesagt – verbunden jedoch mit der Forderung, dass das Land zunächst alle Reform- und Sparauflagen umsetzen müsse.