Mittwoch, 17. April 2024

Archiv

Gemeinsame Geschäfte
Tsipras auf dem russischen Wirtschaftsforum

Griechenlands Premier Alexis Tsipras zeigt sich demonstrativ zuversichtlich, dass das von ihm langersehnte Spitzentreffen der Euro-Staaten am Montag eine Lösung bringt. Trotzdem scheut er sich nicht, gleichzeitig in St. Petersburg mit Kremlchef Putin gemeinsame Sache zu machen.

Von Florian Kellermann | 19.06.2015
    Bisher sollte die Gas-Pipeline nur Russland und die Türkei verbinden. Das Projekt "Turkish Stream" wird den Rohstoff durch das Schwarze Meer bringen, so der Plan. Von der Türkei aus soll er dann auch nach Südosteuropa geleitet werden. Russland will so unabhängiger werden von Gaslieferungen über Land, insbesondere durch die Ukraine.
    Ursprünglich wollte Moskau das mit einem anderen Konzept erreichen, der sogenannten "South Stream"-Pipeline. Auch sie sollte am Boden des Schwarzen Meeres entlang gehen, allerdings weiter nordwestlich in Bulgarien ankommen. Moskau verzichtete auf dieses Projekt, nachdem die Europäische Union im vergangenen Jahr ihre Unterstützung zurückgezogen hatte.
    Nach den Gesprächen in St. Petersburg heute soll nun Griechenland das einzige Land der EU werden, das direkt an Turkish Stream angebunden wird.
    Der russische Energieminister Alexandr Nowak:
    "Wir haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, die die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens vorsieht. Jeweils 50 Prozent werden Russland und Griechenland halten. Dieses Unternehmen wird die Pipeline bauen, und Russland wird sich daran finanziell beteiligen."
    Beide Seiten stellten das Pipeline-Projekt als Grund für den Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras dar. Das Gespräch zwischen Tsipras und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin, das hinter geschlossenen Türen stattfand, dürfte aber vor allem das drängendste Problem Griechenlands betroffen haben: die drohende Staatspleite.
    Putin äußerte sich nicht dazu, ob Moskau dem südeuropäischen Land unter die Arme greifen will. Russische Regierungsvertreter jedoch erteilten eine klare Absage. Russland werde keine griechischen Anleihen kaufen, sagte etwa der Minister für Wirtschaftsentwicklung Aleksej Uljukajew. In Frage komme höchstens, dass Moskau Investitionen russischer Unternehmen in Griechenland unterstütze. Aber auch hier gebe es, abgesehen von der Gas-Pipeline, noch keine konkreten Projekte.
    Tsipras beschrieb bei seiner Rede in St. Petersburg die verheerende finanzielle Lage seines Landes mit Metaphern.
    "Griechenland befinde sich in der Mitte eines Sturms", sagte er. Aber als Seefahrernation seien die Griechen fähig, aus dem Sturm heraus und auf das Meer hinauszusegeln und neue Meere zu entdecken. So könne Griechenland auch einen neuen, sichereren Hafen finden.
    Gleichzeitig warb er für ein engeres Bündnis Griechenlands mit Russland und, so wörtlich, neuen internationalen Organisationen. Damit dürfte er die sogenanten Brics-Staaten gemeint haben. Deren Kooperation hatte Tsipras zuvor als Anzeichen für eine neue ökonomische Weltordnung gedeutet.Als Brics-Staaten werden Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika bezeichnet. Die EU dagegen müsse zu ihren ursprünglichen Prinzipien zurückkehren, so Tsipras: zu Solidarität und sozialer Gerechtigkeit. Der gegenwärtige Kurs der Gemeinschaft sei eines Sackgasse, sagte der griechische Regierungschef in St. Petersburg.