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Gen-Saatgut in Südamerika

Der weltgrößte Hersteller von genetisch verändertem Saatgut, Monsanto, freut sich über steigende Gewinne. Ein Plus, das vor allem in Lateinamerika erwirtschaftet wird. Doch in Argentinien und in den Nachbarländern regt sich zunehmend Protest gegen den Anbau von Gen-Soja.

Von Victoria Eglau | 28.03.2013
    Protest gegen Monsanto in Argentinien. In einem Vorort der Provinzstadt Córdoba hat das Unternehmen begonnen, eine Fabrik zur Herstellung von Saatgut für Gen-Mais zu bauen. Die lokale und die nationale Regierung unterstützen das Projekt, aber Umweltschützer und die meisten Einwohner laufen seit Monaten dagegen Sturm.

    "Wir sind gegen die Monsanto-Fabrik und gegen den massiven Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln in Argentinien."

    So ein Demonstrant. Ende Februar stoppte ein Gericht den Fabrikbau vorerst. Doch Monsantos Genmais-Produktion in Córdoba ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Das US-amerikanische Unternehmen betreibt in Argentinien bereits vier Anlagen. In einer davon wird das Allround-Herbizid Glyphosat hergestellt, das alle Pflanzen tötet – nur nicht die genetisch veränderten. Die jüngsten Proteste richten sich nicht nur gegen die geplante Fabrik, sondern gegen die Gen-Landwirtschaft insgesamt. Im Agrarland Argentinien werden fast nur noch transgene Pflanzen angebaut, in erster Linie Soja, aber eben auch Mais und Baumwolle.

    "27 gentechnisch veränderte Sorten wurden seit 1997 zugelassen. Argentinien hat sich für dieses Agrar-Modell entschieden. Es geht einher mit einer Intensivierung seiner Landwirtschaft und mit einer Konzentration der Anbauflächen in den Händen weniger."

    Sagt der Agronom Walter Pengue. Er beklagt, durch die hohe Rentabilität der Soja-Monokulturen sei Land so teuer geworden, dass kleine und mittlere Bauern verdrängt würden:

    "Aber man muss auch die Vorteile sehen. Eine Reihe von Landwirten und Dörfern hat eindeutig von der Gen-Soja profitiert. Auf der anderen Seite sind da die Folgen für Gesundheit und Umwelt, die in Argentinien von offizieller Seite nicht untersucht werden."

    Die Argentinier selbst konsumieren kaum Gen-Soja. Die Ölsaat wird zu Tierfutter und Biotreibstoff verarbeitet, China und Europa sind die Hauptabnehmer. Was immer mehr Menschen alarmiert, sind die riesigen Mengen des Herbizids Glyphosat, die verspritzt werden. War es Anfang der neunziger Jahre eine Million Liter pro Jahr, sind es heute 200 Millionen. Doch Anwohner der Gen-Soja-Plantagen, die über zunehmende Krankheiten und Fehlgeburten klagen, finden bei den argentinischen Behörden kaum ein Ohr. Dabei stellte ein Forscher der Universität Buenos Aires einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und missgebildeten Embryonen her. Wegen des lukrativen Soja-Anbaus schreitet außerdem die Waldrodung voran – trotz eines Gesetzes zum Schutz der Wälder.

    Protest gegen Monsanto auch im Nachbarland Paraguay, wo der Agrarsektor der dynamischste Wirtschaftszweig ist, aber viele Kleinbauern nicht einmal Land besitzen. Die einen verdingen sich als Landarbeiter ohne Rechte, die anderen wandern in die Armenviertel der Städte ab. In den letzten Monaten haben ausländische Saatgut-Konzerne in Paraguay weiter Fuß fassen können. Die Regierung genehmigte eine neue Gen-Soja-Sorte und erstmals auch den Vertrieb von gentechnisch veränderten Mais-Saaten.

    In Mexiko wollen Öko-Aktivisten und Bauern verhindern, dass der kommerzielle Anbau von Gen-Mais genehmigt wird. 2009 hatte die damalige Regierung ein Moratorium aufgehoben und den experimentellen Anbau von Gen-Mais erlaubt. Jetzt wollen Monsanto und zwei andere Firmen ihr Saatgut verkaufen. Aleira Lara von Greenpeace Mexiko:

    "Das ist sehr beunruhigend. Mexiko ist Ursprungsland des Maises, es gibt 59 Mais-Sorten. Der Anbau von Gen-Mais würde diese Vielfalt bedrohen, denn durch den Pollenflug könnten herkömmliche Maispflanzen genetisch verunreinigt werden."

    Nicht nur durch den Pollenflug – auch durch den traditionellen Saatgut-Austausch der Landwirte in Mexiko. Die im Dezember angetretene neue Regierung hat bisher nicht über die Anträge auf eine Markt-Zulassung von Gen-Mais entschieden. Die Befürworter argumentieren unter anderem, der veränderte Mais sei ertragreicher. Mexiko muss heute einen erheblichen Teil seines Mais-Bedarfs aus den USA einführen. Aleira Lara von Greenpeace:

    "Die Regierung und die Saatgut-Hersteller versprechen, dass es durch den Anbau von Gen-Mais möglich sein wird, unabhängig von Importen aus den USA zu werden. Aber stattdessen schlagen sie eine Abhängigkeit mexikanischer Bauern von transnationalen Konzernen vor."

    Die Kritiker befürchten, dass selbst Landwirte, die ausschließlich herkömmlichen Mais anbauen, von Monsanto und Co. für Patente zur Kasse gebeten werden könnten – wenn ihr Saatgut genetisch verunreinigt würde. Auch der UN-Sonderberichterstatter für Ernährung, Olivier de Schutter, hat vor einem Verlust der Mais-Vielfalt in Mexiko gewarnt. Das allmähliche Verschwinden der heimischen Sorten könne eine zunehmende Abhängigkeit der Landwirtschaft von den Gen-Saatgut-Herstellern verursachen – mit negativen wirtschaftlichen Folgen besonders für Kleinbauern.