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UN-Konferenz zur Wüstenbildung
Schwieriger Kampf gegen das Verschwinden der fruchtbaren Böden

In den vergangenen 50 Jahren ist Studien zufolge knapp ein Viertel der einst für Landwirtschaft nutzbaren Fläche der Erde unbrauchbar geworden. Die Lebensgrundlagen von einer Milliarde Menschen sind gefährdet. Die UN wollen die weitere Vernichtung fruchtbarer Böden verhindern.

Von Silke Diettrich | 10.09.2019
Ein Mann sitzt mit einem Sonnenschirm in der Hand am Ufer eines fast ausgetrockneten Sees im indischen Bhopal
Trockenheit in Bhopal, Indien (AFP)
Gut 70 Prozent der Landfläche der Erde werden vom Menschen genutzt und rund ein Viertel davon sei schon jetzt von einer fortschreitenden Wüstenbildung betroffen, sagt Juliane Wiesenhütter von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Sie gehört zur deutschen Delegation auf der UN-Konferenz in Neu-Delhi.
"Eine Wüste ist erst einmal ein ganz schönes und gutes Ökosystem auf der Welt. Wenn wir da von Problemen reden, meinen wir, dass es durch eine starke Nutzung der natürlichen Ressourcen, durch Viehwirtschaft und Landwirtschaft zu einer Übernutzung kommt. Und dadurch der Boden und die Landschaft zerstört wird und damit auch die Lebensgrundlage der Menschen die dort wohnen."
Menschen verursachen die Wüstenbildung
Ganze Landstriche veröden, und das sei vor allem menschengemacht. Weltweit zusammengenommen kommt jedes Jahr in etwa die Fläche Irlands hinzu. Kein neues Phänomen: Dieses Problem wurde bereits vor Jahrzehnten erkannt, und so haben im Jahr 1992 viele Staaten der Welt die Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung beschlossen. Bis heute haben 197 Ländern unterzeichnet.
"Das ist ein verbindliches Rahmenwerk. Da haben sich die Mitgliedsstaaten schon verpflichtet, Landdegradation zu reduzieren, zu vermeiden und degradiertes Land wieder herzustellen."
Rund 120 Länder streben - analog zur Klimaneutralität gemäß dem Pariser Weltklimavertrag - eine sogenannte "Degradationsneutralität" für die Böden an. Sie wollen ihre Böden also schützen oder wieder aufbereiten.
Bodenverödung löst Flucht und Konflikte aus
Aber eine Art Kyoto-Protokoll wird es wohl nicht geben können. CO2-Ausstoß ist leichter messbar als die Verödung von Böden und was damit einhergeht. Deshalb kommen die Hilfsorganisationen auf der UN-Konferenz auch aus so unterschiedlichen Bereichen, und die Themenvielfalt scheint grenzenlos. Es geht um Ernährungssicherheit, Umweltschutz, Klimawandel, Wassermanagement, Biodiversität, Landrechte und auch um Migration, die folgt, wenn die Menschen in ihren Böden kein Wasser oder keine Nahrung mehr finden.
"Über 700 Millionen Menschen könnten in den nächsten 30 Jahren zur Flucht gezwungen sein, wenn die Landdegradation im selben Maße voranschreitet wie bisher."
Mit diesen drastischen Worten warnt der UN-Umweltfunktionär Ibrahim Thiaw auf der Konferenz in Neu Delhi:
"99,7 Prozent unseres Essens stammt aus unseren Böden. Wenn diese Böden unfruchtbar werden, hat das auch Auswirkungen auf Frieden und Sicherheit. In der Sahelzone gehen die Konflikte schon jetzt genau darum: Zugang zu Wasser und zu fruchtbarem Land."
Indien, der Gastgeber der UN-Konferenz, hat angekündigt, bis 2030 rund fünf Millionen Hektar Land - eine Fläche, die größer ist als das Land Dänemark - wieder nachhaltig zu nutzen. Denn schon heute leben hier mehr als 1,3 Milliarden Menschen, die auch in Zukunft noch satt werden müssen.