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Genfer Atomvereinbarung
Israel: "Historischer Fehler"

In Israel löst das Genfer Atom-Abkommen mit dem Iran Besorgnis und Ärger aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem "historischen Fehler". In einem Telefonat versicherte ihm US-Präsident Obama, die USA stünden fest an Israels Seite.

24.11.2013
    "Heute ist die Welt zu einem sehr viel gefährlicheren Ort geworden, weil das gefährlichste Regime der Welt dem Besitz der gefährlichsten Waffe der Welt entscheidend nähergekommen ist", sagte Netanjahu. "Was in Genf vereinbart wurde, ist kein historisches Abkommen, sondern ein historischer Fehler." Israel sei der Vereinbarung nicht verpflichtet. Israelische Politiker hatten zuletzt wiederholt damit gedroht, notfalls auch ohne Rückhalt der USA militärisch gegen die iranischen Atomanlagen vorzugehen.
    Israels Außenminister Avigdor Lieberman reagierte empört auf die Einigung: Das Übergangsabkommen sei der "größte diplomatische Sieg" für Teheran, sagte er im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die iranische Regierung habe damit erreicht, dass ihr "sogenanntes legitimes Recht zur Urananreicherung" anerkannt worden sei.
    US-Präsident Barack Obama versicherte Netanjahu unterdessen, dass die USA auch nach dem Atom-Abkommen mit dem Iran fest an der Seite Israels stünden. Die kommenden Monate sollten dazu genutzt werden, eine dauerhafte Lösung zu finden, die den internationalen Besorgnissen über Teherans Nuklearprogramm Rechnung trage, erklärte Obama in dem Telefonat am Sonntag, wie das Weiße Haus in Washington mitteilte.
    Einigung in der Nacht
    Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sprach nach der Einigung von einem "Aktionsplan". Sie hatte die Verhandlungen geleitet, in die sich am Samstag die Außenminister der 5+1-Staaten - USA, Großbritannien, Frankreich, China, Russland und Deutschland - persönlich eingeschaltet hatten. Die Gespräche in einem Genfer Hotel gingen bis tief in die Nacht. Um drei Uhr dann der Tweet:
    RT @EUHighRepSpox: #EU High Rep #Ashton: "We have reached agreement between E3+3 and #Iran."— EU External Action (@eu_eeas) 24. November 2013
    Nach Angaben des Weißen Hauses verpflichtete sich Teheran in einer Übergangslösung, die Anreicherung von Uran bei fünf Prozent zu deckeln. Im Gegenzug sei eine Lockerung der Sanktionen zugesagt worden. Demnach entspricht diese einem Betrag von sieben Milliarden Dollar. Vereinbart wurde laut Weißem Haus unter anderem die Vernichtung der Bestände des auf 20 Prozent angereicherten Urans. Außerdem soll der Iran den Schwerwasserreaktor in Arak nicht betreiben sowie keine neuen Zentrifugen nutzen.
    Obama erfreut
    Mit wenig Applaus und viel Skepsis reagierte man in Washington auf die Genfer Übereinkunft, . Nicht nur die oppositionellen Republikaner, sondern auch Demokraten aus der Partei von Präsident Barack Obama äußerten am Sonntag Misstrauen gegenüber der Regierung in Teheran und brachten schärfere Sanktionen gegen das Land ins Gespräch. Obama hatte unmittelbar nach der Einigung von einer "wichtigen ersten Etappe" gesprochen. Die Vereinbarung versperre dem Iran aller Wahrscheinlichkeit nach den Weg zur Atombombe, sagte er im Weißen Haus und forderte den Kongress auf, für die sechsmonatige Dauer des Abkommens keine neuen Sanktionen zu beschließen. Er stellte klar, dass die Lockerung der Sanktionen zunächst vorübergehend sei. Sie würden wieder greifen, wenn der Iran sich nicht an die Vereinbarungen halte.
    US-Präsident Obama
    US-Präsident Obama (picture alliance / dpa / Martin Simon)
    US-Außenminister John Kerry betonte in Genf, dass Teheran kein "Recht auf Urananreicherung" zugebilligt werde, "ganz gleich, was für interpretierende Kommentare gemacht werden". Irans Außenminister Dschawad Sarif hatte zuvor gesagt, das Abkommen beinhalte einen klaren Verweis darauf, "dass die Anreicherung fortgesetzt wird".
    Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte, das Abkommen bestätige "das Recht des Iran auf die friedliche Nutzung der Atomkraft", schließe aber "jeglichen Zugang zur Atombombe aus". Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einem "Wendepunkt". "Die nächsten Monate müssen wir nutzen, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen." Es müsse eine transparente und überprüfbare Umsetzung der Vereinbarungen geben. Der Wiener Politikwissenschaftler Stephan Grigat hingegen bezeichnete den Kompromiss im Interview mit dem Deutschlandfunk als faulen Kompromiss mit fatalen Folgen.
    Rohani sieht "neue Horizonte"
    Der iranische Präsident Hassan Rohani erklärte, die Einigung eröffne "neue Horizonte". Sie sei möglich gewesen, weil sich das iranische Volk für eine moderate Linie entschieden habe, erklärte Ruhani mit Blick auf seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Juni.
    Die Wahl des moderaten Politikers hatte eine Annäherung zwischen dem Westen und dem Iran möglich gemacht. Seit seinem Amtsantritt im August hatten sich die Beziehungen zwischen Teheran und den USA deutlich entspannt. Im September kam es sogar zu einem historischen Telefonat zwischen Rohani und US-Präsident Barack Obama. Die am Mittwoch begonnenen Atomgespräche waren die die dritte Verhandlungsrunde innerhalb von fünf Wochen.