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Gentechnik
Online-Petition soll Kennzeichnung durchsetzen

Das Forum Grüne Vernunft - Befürworter der Gentechnik aus Wissenschaft und Politik - will mit einer Petition an den Bundestag erreichen, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet werden. Das soll beweisen, wie weit die Gentechnik im Alltag angekommen ist. Ausgerechnet Verbraucherschützer lehnen das ab.

Von Christoph Richter | 15.06.2015
    Symbolisch steht ein Schild mit der Aufschrift "Genfood" vor einem gentechnisch veränderten Maiskolben auf einem Feld nahe Ramin im Landkreis Uecker-Randow.
    Kennzeichnung aus "propagandistischem Interesse"? (picture-alliance / ZB)
    Für den FDP-Mann Horst Rehberger, den früheren Wirtschaftsminister im Saarland und Sachsen-Anhalt, ist die Sache klar: Er will eine Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel.
    "Wir wollen, dass die Bevölkerung aufgeklärt wird, wir wollen Transparenz. Und wollen nicht diese falschen Vorstellungen, die selbst von Teilen der Bundesregierung verbreitet werden, dass bei uns Gentechnik keine Rolle spiele. Das ist der Kern unseres Petitionsanliegens."
    Mit der Petitionsnummer 58575 will das Forum Grüne Vernunft - ein Verbund von Befürwortern der Gentechnik aus Wissenschaft und Politik - darstellen, wie verbreitet die Technologie ist, welche Lebensmittel bereits gentechnisch verändert sind. Seinen Sitz hat das Forum im sachsen-anhaltischen Gatersleben, wo sich auch eine der weltgrößten Gen-Datenbanken befindet.
    "Hochinteressant ist, dass ausgerechnet Organisationen wie Greenpeace oder Foodwatch gegen das Anliegen, was wir vortragen, votiert haben. Warum? Sie leben von der Angst, sie wollen nicht die Aufklärung, sondern die Angst der Menschen. Denn Angst kann auch Geld einbringen. Zum Beispiel, in dem Käufer bei einem Label ohne Gentechnik mehr bezahlen und die Firmen, die im hohen Maße davon profitieren, dann wieder große Spenden an Greenpeace und andere geben."
    Viele Produkte von Gentechnik beeinflusst
    Unterstützt wird Horst Rehberger - der auch Vorsitzender im Beirat von Innoplanta ist, das als Schnittstelle zwischen Politik, Gen-Forschung und Öffentlichkeitsarbeit gilt - von einer Reihe von Wissenschaftlern, darunter der Nobel-Preisträgerin Christiane Nüsslein-Vollhard.
    70 bis 80 Prozent aller Lebensmittel, über 150 Medikamente, so gut wie alle Putz- und Reinigungsmittel seien bereits gentechnisch beeinflusst, sagt der Liberale Horst Rehberger.
    "Wir haben es immer wieder erlebt, dass die Leute bass erstaunt waren, dass sie es nicht glauben konnten, dass in so hohem Maße in unserem Lebensmitteln, die wir täglich zu uns nehmen, Gentechnik drinsteckt."
    Nach Angaben des Forums Grüne Vernunft enthalten neben vielen Waschmitteln beispielsweise fast alle Backwaren oder Baby-Nahrung großer Hersteller gentechnisch veränderte Bestandteile. Nur: Kennzeichnungspflichtig ist davon praktisch nichts. Genverändert ist das Futter, das Schweine, Hühner oder Milchkühe gefressen haben. Hier muss das Futter gekennzeichnet werden, aber nicht Fleisch, Milch oder Eier. Ähnlich bei Enzymen, Vitaminen oder anderen Zusätzen aus dem Genlabor, sie sind ganz von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Ähnlich sieht es bei Medikamenten wie Insulin aus, dass heute nur noch gentechnisch hergestellt wird.
    Eine aktuelle FORSA-Umfrage ergab, dass 70 Prozent aller Deutschen gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel sind, 84 Prozent lehnen auch die Verfütterung von gentechnisch manipulierten Pflanzen an Nutztiere ab. Bei Letzterem will die Bundesregierung gar eine Kennzeichnungspflicht vorantreiben, so steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Nur: Passiert ist bisher nichts.
    Es fehlen noch viele Unterschriften
    Gegen den Vorstoß wenden sich Gentechnik-Kritiker wie Oliver Wendenkampf vom BUND in Sachsen-Anhalt.
    "Wir sind in großer Sorge, insbesondere für die Bevölkerungskreise, die unwissend sind, dass man die hinter die Fichte führen will, im wahrsten Sinn des Wortes. Um so die Akzeptanz für Gentechnik zu verbessern. Und das finden wir nicht in Ordnung."
    Er fordert stattdessen einen Art Beipackzettel für gentechnisch veränderte Lebensmittel.
    "Dass man schreibt: Hier sind Produkte drin, die sich auf dem Acker entwickelt haben, also Gentechnik aus der Landwirtschaft, und hier sind Produkte drin, die im Labor entwickelt wurden."
    Diese Differenzierung wolle man beim Forum Grüne Vernunft aber nicht, so Gentechnik-Gegner Wendenkampf weiter.
    Morgen endet die Unterzeichnungsfrist der Petition, unterschrieben haben bisher nur 1370 Petenten. Nötig wären aber 50.000 Unterschriften, damit sich der Bundestag damit auch öffentlich beschäftigt. Unwichtig, sagt Horst Rehberger vom Forum Grüne Vernunft. Denn bereits mit einer Unterschrift sei die Petition gültig.
    "Um so spannender ist es jetzt, wie zu unserem Anliegen der Bundestag, in seiner Mehrheit oder mit unterschiedlichen Voten, Stellung nimmt."