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Gerhard Casper
Herausfordernder Hausherr für die American Academy

Es ist eine außergewöhnliche Personalie und ihre Strahlkraft dürfte weit über Berlin und die American Academy, eine transatlantische Denkfabrik, hinausreichen: Mit Gerhard Casper kehrt einer der bedeutendsten Verfassungsrechtler und Wissenschaftsmanager der USA nach einer glanzvollen akademischen Laufbahn in sein Geburtsland zurück.

Von Stephan Detjen | 04.12.2014
    Die Villa der American Academy am Berliner Wannsee
    Die Villa der American Academy am Berliner Wannsee (picture-alliance / Berliner_Kurier / Schneider Petra)
    Casper wurde 1937 in Hamburg geboren, begann dort sein Jura-Studium, das ihn später an die Yale Universität in Connecticut und nach Freiburg führte. Seit Mitte der sechziger Jahre lehrte er in den USA, zunächst politische Wissenschaften in Berkley, dann Verfassungsrecht an der University of Chicago, an der er auch verschiedene Spitzenämter innehatte. 1992 wurde Casper Präsident der Stanford University in Kalifornien. Als Provost - also Verwaltungschefin der Universität - wählte er die spätere Sicherheitsberaterin der Bush-Regierung, Condoleezza Rice.
    Casper überzeugte mit erfolgreicher Anlagepolitik
    Casper baute in seiner achtjährigen Amtszeit Stipendien- und Förderprogramme für exzellente Nachwuchswissenschaftler ebenso aus wie die Forschungseinrichtungen der Spitzenuniversität. Voraussetzung dafür war es, dass er Spendernetzwerke erweitern und das Milliardenvermögen der Universität durch eine erfolgreiche Anlagepolitik vermehren konnte.
    Die Wissenschaftslandschaft seines Heimatlandes beobachtete Casper aufmerksam und kritisch. Deutsche Hochschulen seien zu sehr wie Behörden organisiert, Universität habe mit Demokratie nichts zu tun, spornte Casper die Reformdebatten in Deutschland an. Erst Anfang dieses Jahres verließ er den Stiftungsrat der Einstein-Stiftung, die Forschungsmittel in Millionenhöhe für Berliner Universitäten vergibt. Es lohne sich nicht, für die Entscheidung über zu geringe Beträge über den Atlantik zu fliegen, erklärte Casper.
    American Academy - Zentrum des transatlantischen Geisteslebens
    Für die American Academy aber zieht der 76-Jährige zum 1. Juli nächsten Jahres als erster President-in-Residency in die ehemalige Bankiersvilla am Großen Wannsee. Casper übernimmt die Nachfolge von Gary Smith, der 18 Jahre als Direktor an der Spitze der Academy stand. 1994 auf Initiative des damaligen US-Botschafters in Berlin Richard Holbrooke gegründet, ist die Institution zu einem Dreh und Angelpunkt des transatlantischen Geisteslebens geworden.
    Bedeutende Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller und Publizisten aus den USA werden zu meist einjährigen Gastaufenthalten an die American Academy eingeladen. Bei abendlichen Vorträgen und Diskussionsabenden trifft sich, was in Politik, Wissenschaft und Kultur Rang und Namen hat. Gerhard Casper wird hier als künftiger Hausherr neue Akzente setzen. Besonders alle an verfassungsrechtlichen und wissenschaftspolitischen Debatten Interessierte dürfen sich auf einen anregenden und herausfordernden Gesprächspartner freuen.

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