Mittwoch, 24. April 2024

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Gertz: Bundestags-Mandat für Tornado-Einsatz wichtig

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, hält einen Parlamentsbeschluss zum Einsatz von Tornado-Flugzeugen im Süden Afghanistans für wichtig. Gertz sagte, es wäre unklug, eine solche Mission in das bisherige Mandat des Bundestages einzugliedern. Schließlich handle es sich um eine wesentliche Erweiterung der deutschen Aktivitäten in Afghanistan.

Moderation: Dirk-Oliver Heckmann | 18.01.2007
    Dirk-Oliver Heckmann: Am Telefon ist Bernhard Gertz, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes. Guten Morgen Herr Gertz!

    Bernhard Gertz: Guten Morgen Herr Heckmann!

    Heckmann: Herr Gertz, was halten Sie von der Debatte um die Frage, ob es ein neues Mandat geben soll für einen Tornado-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, oder ob es eben ohne ein solches Mandat gehen soll? Wir haben gerade eben von Staatsminister Erler gehört, dass die Bundesregierung eben bereit ist, in den Bundestag zu gehen und wirklich auch abstimmen zu lassen.

    Gertz: Ich habe es von Anfang an für ziemlich unklug gehalten, den Versuch zu unternehmen, diese mögliche Abstellung von Tornados unter das bisherige Mandat zu fassen. Das war nicht klug und deswegen bin ich sehr froh darüber, dass inzwischen auch in der Bundesregierung ganz offensichtlich klar ist: Man wird den Bundestag konstitutiv neu befassen. Das ist auch wichtig, weil dieses ja eine ganz wesentliche Erweiterung unserer bisherigen Aktivitäten in Afghanistan wäre.

    Heckmann: Das heißt wenn der Bundestag befasst wird, Herr Gertz, dann gehen Sie mit? Dann sind Sie mit den Plänen, die dort diskutiert werden, einverstanden?

    Gertz: Ganz so schnell will ich das nicht bejahen, denn es geht nicht nur um das "ob", es geht vor allen Dingen um das "wie", denn diese Tornados sollen ja Aufklärungsergebnisse liefern, die die Kriegführung unserer Verbündeten gegen Taliban und El-Kaida unterstützen und erleichtern sollen, und damit habe ich schon ein Problem. Deswegen bin ich ganz dankbar, dass es Signale aus der Bundesregierung gibt, dass man das informelle Ministertreffen und auch das förmliche Treffen der Außenminister am 26. Januar dazu nutzen will, miteinander über die Art und Weise des militärischen Vorgehens in Süd-Afghanistan zu reden, denn die ist in der Vergangenheit zumindest in Teilen kontraproduktiv gewesen.

    Heckmann: Was heißt das genau?

    Gertz: Das heißt ganz konkret, dass man dann, wenn man für den Respekt vor der Menschenwürde eintritt und für den Schutz der Menschenrechte und den Afghanen erzählt, dass man eine darauf gegründete, demokratisch verfasste Gesellschaft in Afghanistan als bessere Option für die Zukunft etablieren will, nicht Krieg gegen Taliban und El-Kaida in einer Weise führen kann, bei dem Bomben aus der Luft abgeworfen werden und leider viel zu viele Unschuldige treffen im Verhältnis zu den getöteten Kämpfern von Taliban und El-Kaida.

    Heckmann: Aber Herr Gertz man kann sicherlich auch keinen Krieg führen, ohne dass ein Zivilist oder Zivilisten zu Schaden kommen?

    Gertz: Das ist ganz sicher richtig, aber wir sind in Afghanistan nicht als Besatzungsmacht und als Krieg führende Partei. Wir nennen uns "Security Assistance Force". Wir wollen helfen, das Land zu stabilisieren und aufzubauen. Wir wollen die Köpfe und die Herzen der Menschen dafür gewinnen, dass diese Zukunft in einer demokratisch legitimierten Regierung die bessere Zukunft ist. Dann muss man Kolateralschäden so weit es nur irgend geht vermeiden. Das heißt auf gut Deutsch: Bevor man Bomben abwirft auf Kämpfer, muss man dreihundertprozentig sicher sein, dass man damit Kämpfer trifft und nicht zum Beispiel eine Hochzeitsgesellschaft oder andere Unschuldige.

    Heckmann: Wenn Sie sagen, Herr Gertz, man muss über die Strategie in Afghanistan reden, über die Art und Weise des Vorgehens, dann argumentieren Sie: Wer hilft, wie die Bundeswehr mit Tornado-Flugzeugen, der bestimmt auch mit?

    Gertz: Ich denke das geht nicht anders. Wir können uns nicht der bisherigen Form des Vorgehens gehen Taliban und El-Kaida anschließen, ohne Einfluss zu nehmen, denn wir werden, wenn wir Beiträge dazu liefern, mit verhaftet werden für diese Kampfführung. Gerade im Süden Afghanistans, wo ja auch die Anzahl der Wiederaufbaumaßnahmen bislang marginal war und ganz erheblich gesteigert werden muss, da müssen wir in der Tat auch genau überlegen, welche Art der Kriegführung verträglich ist. Da muss man dann möglicherweise mehr mit Kommandounternehmen am Boden machen, als dass man ohne viel Differenzierung aus der Luft Bomben abwirft. Ich glaube das ist ein Anliegen, das die Bundesrepublik Deutschland vor dem Hintergrund dessen, was wir in Afghanistan gemeinsam erreichen wollen, sehr gut vertreten kann und diese Diskussion muss mit den Verbündeten geführt werden.

    Heckmann: Wir werden in Haftung genommen für die Kampfführung im Süden Afghanistans. Befürchten Sie, dass die deutschen Soldaten auch im Norden Afghanistans verstärkt zur Zielscheibe werden, wenn Tornado-Flugzeuge eingesetzt werden und damit Teil eines Kampfeinsatzes?

    Gertz: Das liegt nahe. Ich meine Sie haben gelesen, was Herr Hekmatyar in den letzten Tagen erklärt hat, die Warnung, die er ausgestoßen hat. Selbstverständlich beobachten auch die Gegner der Staatengemeinschaft, was dort passiert, und natürlich wird es Rückwirkungen geben und möglicherweise auch den Versuch, deutsche Soldaten im Norden sozusagen dafür zu "bestrafen", dass die Bundesregierung sich im Süden am Kampf gegen Terrorismus beteiligt.

    Heckmann: Bernhard Gertz war das, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, zu einem möglichen Tornado-Einsatz in Afghanistan. Herr Gertz, danke für das Gespräch!

    Gertz: Auf Wiederhören!