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Geschafft!

Nicht nur Deutschland hat seit diesem Jahr einen Sitz im UN-Sicherheitsrat, auch Portugal gehört für die nächsten 24 Monaten zu den Führungsnationen der Welt. Doch nach dem außenpolitischen Wahlerfolg sind die innenpolitischen Probleme geblieben.

Von Tilo Wagner | 04.01.2011
    Die Auswirkungen der Finanzkrise sitzen der politischen Elite Portugals in den Knochen – und wenn es gute Nachrichten zu verkünden gab, dann wurden sie gleich genutzt, um eine positive Stimmung im Land zu verbreiten. So sagte Premierminister José Sócrates unmittelbar nach der Wahl Portugals zum nicht ständigen Mitglied des UN-Sicherheitsrates:

    "Portugal wird von der internationalen Gemeinde respektiert, wir sind ein glaubwürdiges und prestigeträchtiges Land. Wir hoffen, dass sich das positiv auf unser Selbstbewusstsein auswirkt. Denn das haben wir bitter nötig."

    Dass Portugal in die UN-Vollversammlung gewählt wurde, hat das Land insbesondere Staaten aus Afrika und Lateinamerika zu verdanken. Diese Unterstützung aus Kontinenten, zu denen Portugal traditionell gute Beziehungen pflegt, spielt einer Fraktion von portugiesischen Außenpolitikern in die Karten, die ihr Land als natürlichen Vermittler zwischen der Nord- und Südhalbkugel begreifen wollen. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel warnt Carlos Gaspar, Leiter des Portugiesischen Instituts für Internationale Beziehungen, aber davor, diesen aus der Kolonialgeschichte Portugals abgeleiteten Ansatz zum außenpolitischen Leitfaden zu machen.

    "Portugal sollte im Sicherheitsrat seine Rolle europäisch verstehen. Die Europäische Union steht in der internationalen Politik für klare Prinzipien: für die Verteidigung pluralistischer Demokratien und Menschenrechte, für die Wahrung des internationalen Rechtes und für eine multilateral organisierte Weltordnung. Diese Prinzipien sollten bei einer möglichen Reform des UN-Sicherheitsrates zu wichtigen Kriterien werden. Und dafür muss Portugal einstehen."

    Im Ringen um Unterstützer für einen der zwei Plätze, die im Sicherheitsrat für nicht ständige Mitglieder aus der westlichen Welt reserviert sind, stießen deutsche und portugiesische Interessen aneinander. In der Diskussion um eine Reform des Sicherheitsrates setzte sich die portugiesische Regierung zuletzt explizit nur für die Aufnahme von Indien und Brasilien als ständige Mitglieder ein; Deutschland erwähnte José Sócrates in seiner Rede vor der Vollversammlung nicht. Dabei müssten Deutschland und Portugal als nicht ständige Ratsmitglieder in der EU zusammenhalten. Carlos Gaspar:

    "Wenn die Europäische Union ein international wichtiger Spieler sein will, muss sie eine klare, gemeinsame Position hinsichtlich der Reform des UN-Sicherheitsrates haben. Was sind die Kriterien dieser Reform? Diese Frage muss Portugal im Europäischen Rat und in den Gremien der Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik stellen, und gleichzeitig Themen aus dem UN-Sicherheitsrat in der EU ansprechen."

    Portugal könnte die Arbeit des UN-Sicherheitsrates in den kommenden Jahren aber auch bei der Umsetzung von Beschlüssen unterstützen. Insbesondere beim Aufbau von zivilen Strukturen in Konfliktregionen wie in Ost-Timor oder im Kosovo hat das Land in der Vergangenheit eine wichtige Rolle gespielt.

    "Wir haben Erfahrung damit, die Prinzipien, für die wir einstehen, auch vor Ort umzusetzen, und das nicht nur in Regionen, zu denen wir historisch gewachsene Beziehungen unterhalten. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich Portugal an allen militärischen Operationen der Vereinten Nationen, der NATO und der EU beteiligt."

    Wenn es nach dem Willen außenpolitischer Beobachter ginge, soll sich das auch in Zeiten von Sparprogrammen und Haushaltssperren nicht ändern.

    "Ein Teil unserer Antwort auf die Finanzkrise muss sein, dass Portugal zeigt, dass es in der internationalen Gemeinschaft und der Europäischen Union weiterhin ein verlässlicher Partner ist."