Dienstag, 16. April 2024

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Geschichte
Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1/3)

Als der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer 1963 mit dem Auschwitz-Prozess den größten Strafprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte initiierte, war die Adenauer-Republik für die Aufarbeitung des Holocaust noch nicht bereit. Erst die Klage des SS-Polizeiführers Fischer-Schweder auf Wiederherstellung seines Beamtenstatus machte die Exekutionen seines Kommandos bekannt.

Die Schriftstellerin Ulla Hahn im Gespräch mit Jochanan Shelliem | 05.01.2014
    Eine schwarz-weiß Aufnahme des Generalstaatsanwalts Fritz Bauer im Jahr 1961.
    Generalstaatsanwalt Fritz Bauer im Jahr 1961. (picture-alliance / dpa / Goettert)
    So kam es zum Ulmer Einsatzgruppenprozess von 1958. Anschließend wurde eine zentrale Stelle der Justizverwaltung zur Ermittlung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg eingerichtet. Am 8. Mai 1960 war die Verfolgung aller Totschlagsdelikte verjährt, danach musste in jedem Einzelfall Mord nachgewiesen werden. In diesem Kontext begann das Frankfurter Verfahren als Lernprozess. "Gerichtstag halten über uns selbst", das war Fritz Bauers Anliegen, der den "großen Auschwitz-Prozess" von 1963 bis 1965 nach Frankfurt am Main holte.
    In unserer Gesprächsserie sollen die gesellschaftspolitische Rezeption und die rechtshistorischen Folgen der sogenannten "Strafsache gegen Mulka u.a." ausgeleuchtet werden. Ebenso steht die Frage nach der Bedeutung des Auschwitz-Prozesses für die Demokratisierung der Bundesrepublik im Mittelpunkt.
    - In seinem ersten Gespräch unterhält sich Jochanan Shelliem mit der Schriftstellerin Ulla Hahn über die Auswirkungen des Prozesses auf die literarische Welt - angesichts der Aufgabe von Dichtung, zur Sprache zu bringen, was den Menschen zunächst die Sprache verschlagen hatte.

    (Teil 2 am 12.01.2014)