Dienstag, 19. März 2024

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Geschichte des Progressive Rock
"Pomp, Bombast und tausend Takte"

Sogenannte Prog-Fans verehren Bands wie Jethro Tull, Yes oder Muse. Doch "ernste" Musikmedien nehmen sie selten ernst. David Weigel erzählt die Geschichte des umstrittenen Genres in einem neuen Buch. Dies sei ein detailreiches Werk für Nerds, die Anekdoten schätzten, so Rezensentin Jenni Zylka im Dlf.

Jenni Zylka im Gespräch mit Fabian Elsäßer | 23.06.2018
    Der Sänger Matthew Bellamy von der britischen Band Muse steht beim Musikfestival "Rockavaria" auf der Bühne.
    Sänger Matthew Bellamy von der britischen Band Muse - die Briten interpretieren den Prog-Rock neu (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Progressive Rock - abgekürzt Prog-Rock ist eine Musikrichtung, die ihre Wurzeln in den 60ern hat, einige sehr erfolgreiche Bands wie King Crimson, Jethro Tull oder Emerson Lake und Palmer vorweisen kann - und dennoch nie so und von allen geliebt wurde, wie zum Beispiel Rock oder Pop. Im Buch "Progressive Rock - Pomp, Bombast und tausend Takte" beschreibt Autor und Fan David Weigel die Geschichte des Musikgenres.
    Der Streber unter den Musikgenres
    Weigels Buch glänze vor allem durch unzählige Anekdoten und Details, findet Corso-Kritikerin Jenni Zylka. Die Atmosphäre der 60er und 70er Jahre in Großbritannien vermittele sich allerdings nicht so recht, zumal das Buch leider ohne Fotos auskommen müsse.
    Sehr deutlich werde allerdings, wie schwer es der Progressive Rock in der medialen Wahrnehmung hatte und immer noch hat. Er gelte unter Kritikern irgendwie als "Streber" unter den Musikgenres, dem zur Schau gestellte Virtuosität und sogar Angeberei vorgeworfen wurde. "Nicht ganz unberechtigt, schließlich hat Robert Fripp von King Crimson mal gesagt 'We're good, especially me!'", so Zylka.
    Auch heute noch gebe es Bands, die man als Erben des klassischen Progressive-Rock verstehen kann, wie beispielsweise das britische Trio Muse.
    Das Hauptaugenmerk lege David Weigel aber auf die Zeit bis 1980. Er bestätige auch die weitverbreitete Ansicht, dass Prog eher Musik für Nerds und Computertüftler sei. Musikerinnen spielten in der Geschichte des Genres nur eine kleine Rolle, etwa bei der französischen Band "Magma".
    Fan-Futter für Insider
    Insgesamt sei Weigels Buch empfehlenswert, obwohl es mit seiner Detailfülle wohl eher eingefleischten Fans des Genres Freude machen werde. So schildere der Autor etwa minutiös, wie Gary Brooker die Eingebung für "A Whiter Shade Of Pale" hatte, den bekanntesten Songs seiner Band Procul Harum: nämlich durch eine Zigarettenwerbung im Fernsehen, in der wiederum nicht die Originalversion der Air von Bach, sondern die Jazz-Fassung von Jacques Loussier verwendet wurde.
    Zylkas Fazit: "Wer wissen will, wer auf welcher Platte von King Crimson im Jahr so-und-so Bass gespielt hat, ist hier genau richtig!"
    David Weigel: "Progressive Rock: Pomp, Bombast und tausend Takte"
    Hannibal Verlag, Innsbruck 2018. 296 Seiten, 25 Euro.