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Gesetzentwurf beschlossen
Von Teilzeit auf Vollzeit - unter Bedingungen

Für Teilzeitbeschäftigte soll die Rückkehr auf eine Vollzeitstelle ab 2019 leichter werden: Das Bundeskabinett hat einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Mit der Einführung der sogenannten Brückenteilzeit hätte die SPD eines ihrer zentralen Wahlversprechen erfüllt.

Von Paul Vorreiter | 13.06.2018
    13.06.2018, Berlin: Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, spricht mit Kabinettsmitgliedern vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt.
    Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, betonte vor der Abstimmung, dass vor allem Frauen von dem Gesetz profitieren könnten (dpa / picture alliance / Michael Kappeler)
    Beim dritten Anlauf hat es geklappt: Bundesarbeitsmister Hubertus Heil von der SPD konnte heute vermelden, dass das Kabinett seinen ersten Gesetzentwurf beschlossen hat - zum Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit. Auf die Frage, wie die Stimmung in der Großen Koalition sei, antwortete der SPD-Politiker daher:
    "Also bei mir ist sie heute, wie Sie merken, sehr gut. Für andere kann ich nicht sprechen."
    Ab dem 1. Januar kommenden Jahres sollen Beschäftigte in Betrieben ab 45 Arbeitnehmern das Recht erhalten, in eine sogenannte "Brückenteilzeit" zu gehen, das heißt für eine bestimmte Dauer, zwischen einem und fünf Jahren weniger zu arbeiten, ehe sie dann wieder in Vollzeit zurückkehren.
    In Betrieben mit bis zu 200 Beschäftigten soll dieses Recht allerdings nur einem von fünfzehn Mitarbeitern gewährt werden müssen. Wer in Brückenteilzeit gehen will, muss außerdem schon mindestens ein halbes Jahr in dem Unternehmen gearbeitet haben. Der Entwurf schließt auch diejenigen mit ein, die bereits jetzt schon in Teilzeit arbeiten.
    Gegen Bedenken Seehofers durchgesetzt
    Anders als bislang müssen die Beschäftigten auch keine Gründe nennen, warum sie kürzer treten, etwa aufgrund der Pflege von Angehörigen. Zwar können Arbeitnehmer schon jetzt gegenüber dem Arbeitgeber äußern, falls sie aus der Teilzeit wieder in Vollzeit zurückkehren wollen, in Zukunft muss allerdings der Arbeitgeber deutlich machen, warum er das nicht ermöglichen kann:
    "Natürlich müssen Unternehmen aus bestimmten Gründen die Möglichkeit haben, das auch ablehnen zu können, zum Beispiel, wenn kein freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht, oder wenn die Qualifikation nicht passt, oder es erhebliche betriebliche Gründe gibt, die dagegen sprechen, das Recht zu gewähren, aber das Wissen um diese gründe liegt auf Arbeitgeberseite und deswegen muss das auch plausibel dargelegt werden."
    Die Beweislastumkehr hatte zuvor für Streit mit der Union gesorgt. Mehrmals schon wurde der Termin verschoben, den Entwurf im Kabinett zu beschließen, der bereits seit April vorliegt. Die Bild-Zeitung schreibt, Bundesinnenminister Horst Seehofer habe das Vorhaben vorgestern noch einmal gestoppt, als Retourkutsche für seinen verschobenen Masterplan zur Integration - obwohl das Kanzleramt Ende vergangener Woche bereits dem Entwurf zugestimmt hatte. Gestern setzte sich die Regierungszentrale laut der Zeitung gegen die Bedenken Seehofers durch und setzte das Thema auf die Tagesordnung der Sitzung.
    "Es gab eine Protokollnotiz von CSU-Ministern, die ich zur Kenntnis nehme, die ich auch nicht zu bewerten habe, zumal sie nicht veröffentlicht sind, deswegen kann ich dazu keine Stellung nehmen", ließ Heil dazu wissen.
    Vor allem Frauen profitieren
    Das Gesetz soll nun in die parlamentarische Beratung gehen. Hubertus Heil hob hervor, dass vor allem Frauen davon profitieren könnten, die in Teilzeit sind und bislang Schwierigkeiten haben, in Vollzeit zurückzukehren. Es soll auch Engagement im Ehrenamt erleichtern oder die Möglichkeit geben, einfach mal "durchzuschnaufen", wie Heil wörtlich sagte. Er ist zuversichtlich, dass die Sozialpartner mit dem Gesetz gut leben können:
    "Ich habe mich über die Unterstützung aus dem Gewerkschaftsbereich. Ich denke Herr Bsirske hat sich heute sehr positiv geäußert - auf BDA-Seite habe ich das Gefühl, dass - wie sagte die BDA das heute - dass es ein schwieriger Kompromiss war, aber da steckt ja auch das Wort Akzeptanz irgendwie auch schon bisschen drin."
    Die Arbeitgeber hatten moniert, dass das Gesetz vor allem kleinen Unternehmen zu viel Bürokratie aufbürdet. Das Recht von Teilzeit in Vollzeit zu wechseln, ist eines der Kernversprechen der SPD. Es stand bereits im Koalitionsvertrag der vergangenen Großen Koalition. Allerdings war der Entwurf von der damaligen Arbeitsministerin Andrea Nahles am Widerstand der Union gescheitert.