Dienstag, 19. März 2024

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Gesundheitsförderung an Hochschulen
Von Sport im Hörsaal bis "Healthy Campus Menü"

Prüfungen, Geld- und Zukunftssorgen. Die Belastungen für Studierende sind hoch. Doch keine Hochschule wünscht sich eine hohe Abbrecherquote. An den Universitäten Köln und Bonn gibt es daher aktive Gesundheitsförderung für den akademischen Nachwuchs.

Von Friederike Müllender | 17.03.2018
    Eine Studentin liegt mit Ihrem Kopf auf einem Arbeitsheft.
    Fehlende Bewegung, schlechte Ernährung oder unstrukturierte Arbeitsweise: Es ist nicht leicht, den Studienalltag zu bewältigen. (imago)
    "Möglichst früh in die Kita, in der Kita schon Sonderveranstaltungen am besten bilingual und experimentell, dann mit fünf eingeschult werden und mit 17 das Gymnasium verlassen und dann in drei Jahren einen Bachelor abschließen, das ist eine Turboentwicklung die keine Spielräume mehr lässt."
    Psychologin Gaby Jungnickel kann sich gut vorstellen, warum sich viele Studierende Unterstützung holen. Seit 25 Jahren arbeitet sie in der Beratungsstelle des Kölner Studierendenwerks, das alle sieben Hochschulen der Stadt betreut. Damit sind sie und ihre Kollegen für mehr als 85.000 Studierende zuständig. Der Andrang ist dementsprechend groß.
    "In der Regel beginnt es hier etwa um acht Uhr dreißig, dann finden sich die ersten Studierenden ein für das sogenannte Start-up. Da haben Studierende die Möglichkeiten, morgens zu einem kurzen Briefing zu kommen: Wie werde ich den Arbeitstag gestalten, was sind meine Ziele für heute? Das schafft ein bisschen Verbindlichkeit."
    Täglich beraten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen Studierende in Gesprächen. Die Nachfrage ist groß, die Kapazitäten sind ausgereizt.
    "Da muss ich leider sagen, dass etwa 70 Prozent aller Studierenden, die zu uns kommen, nur ein bis zwei Mal kommen, es ist nur ein kleiner Anteil, dem wir mehr anbieten können."
    Für die anderen bedeutet das: die Gruppen- und Kursangebote wahrnehmen oder sich an eine psychologische Praxis weitervermitteln lassen.
    Größere Sensibilität für psychische Probleme
    Finanzielle Sorgen, Prüfungsangst und die Frage nach der Zeit nach dem Studium: Die Probleme haben sich seit ihren Anfangszeiten vor 25 Jahren wenig verändert, erzählt Gaby Jungnickel. Dafür nehmen die Hochschulen heute die Sorgen ihrer Studierenden ernster:
    "Ich denke schon, dass man die Zeichen der Zeit erkennt, denn keine Hochschule wünscht sich eine hohe Abbrecherquote aufgrund von psychischen Problem, wir hoffen, dass peu à peu eine größere Sensibilität dafür da ist."
    Etwas anders sieht die Unterstützung für Studierende an der Universität Bonn aus. Hier kümmert sich kein Studierendenwerk, sondern die Hochschule selbst. Um den Studierenden zu helfen, hat die Uni vor rund sieben Jahren das Projekt Healthy Campus Bonn ins Leben gerufen. Geleitet wird es von Manuela Preuß:
    "Man hat eben gemerkt, Gesundheitsförderung ist sehr wichtig. Wir werben um die besten Köpfe, da müssen wir natürlich auch etwas bieten, letztendlich ist es ja so, dass Studierende an Hochschulen sehr viel Zeit verbringen, und gerade Studierende nehmen da fürs weitere Leben viel mit. Da ist es ganz wichtig, gesundheitsbewusste und gesundheitsorientierte Aspekte mitzugeben, die Studierende im weiteren Leben umsetzen können. Auch später als Führungskräfte."
    "Ein Pausenexpress-Trainer macht mit denen Übungen"
    Sowohl für Führungskräfte, als auch für Studierende ist eines gleich schlecht: zu langes Sitzen. Es wirkt sich unter anderem aufs Herz-Kreislaufsystem und den Stoffwechsel aus. Sich regelmäßig bewegen und aufstehen, wäre die Lösung. Doch gerade während Vorlesungen oder Seminaren ist das nur schwer umzusetzen. Manuela Preuß und ihr Team haben das geändert.
    "Da haben wir ein Angebot, das ist der so genannte Pausenexpress. Da kommt jetzt nicht jemand mit Kaffee und Tee um die Ecke, sondern dass ist eine aktive Bewegungspause direkt im Seminar oder in der Vorlesung. Dann kommt ein Pausenexpress-Trainer und macht mit denen Übungen, egal ob das zwanzig sind im Seminar oder 300 in einer Vorlesung sind. Das ist ein freiwilliges Angebot."
    Sieben Minuten lang dauert diese sportliche Unterbrechung, dann geht es ganz normal weiter im Stoff. Entstanden ist der Pausenexpress gemeinsam mit dem Hochschulsport. Dort werden auch die Trainer ausgebildet, alle selbst Studierende. Das Projekt kümmert sich jedoch nicht nur um Bewegung, sondern auch um Ernährung:
    "In der Mensa gibt es dann eine Woche lang ein Healthy Campus Bonn Menü, mit allen Nährwertangaben, sodass es ein ausgewogenes, vollwertiges Menü ist."
    Ernährung, Bewegung und Psyche
    Heute kennt das Projekt so gut wie jeder an der Uni, zu Beginn sah das noch anders aus:
    "Dann startet man aber erstmal und keiner kennt es, keiner weiß es, das war schon erstmal schwierig. Es gab Bereiche, die gesagt haben 'Super, finden wir gut', andere haben gesagt 'Brauchen wir das denn jetzt auch noch? Macht ja nur noch viel mehr Arbeit'. Man musste Aufklärungsarbeit leisten. Das hat ein zwei Jahre gebraucht."
    Besonders wichtig bei ihrem Projekt ist Manuela Preuß der ganzheitliche Ansatz - Ernährung, Bewegung und Psyche sollen gleichermaßen gefördert und gestärkt werden, auch in Zukunft:
    "Da geht es natürlich auch letztendlich darum zu gucken: Wie ist die Struktur von Forschung und Lehre? Und da denken wir langfristig an eine curriculare Einbindung an Gesundheitsthemen. Dass sie das wählen können und dafür Credit Points bekommen können."