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GEW fordert zentrale Studienplatzvergabe

Die Lehrergewerkschaft GEW fordert ein einheitliches Bundesgesetz für die Zugangsverfahren für alle Studiengänge. Laut GEW seien jedes Jahr etwa 20.000 Bachelor- und Masterstudienplätze nicht besetzt - und das trotz verschiedener Nachrück- und Losverfahren.

Von Verena Kemna | 12.09.2013
    "Also ich möchte Medizin studieren und das möglichst bald, sodass schon im ersten Semester was geht."

    Bis es soweit ist, muss sie einen aufwendigen Bewerbungsmarathon erfolgreich bestehen. Sämtliche Studienplätze für Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie werden zentral über die Stiftung für Hochschulzulassung vergeben. Dabei kann jede Universität auch Bewerber nach eigenen Kriterien auswählen. Die Anforderungen variieren, je nach Hochschule.

    "Man versteht erstens das System überhaupt nicht, dann muss man schauen, wo, welche Uni, was anfordert. Also manche sagen, wir lassen direkt zu, die mit 1,0. Die Nächsten werben mit einem Medizinertest, dann gibt es Vorstellungsgespräche. Was es auch gibt, dass man über eine Ausbildung rein kommt, aber, es kommt halt immer auf die Uni an."

    Ihr bleibt nichts weiter übrig, als das Anforderungsprofil jeder einzelnen medizinischen Fakultät in allen Bundesländern selbst zu prüfen. Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW hält das zentrale Verfahren zwar für kompliziert und bürokratisch, doch aus seiner Sicht überwiegen die Vorteile.

    "Wir haben hier die zentrale Zulassung in Kombination mit der Möglichkeit der Hochschulen, ein eigenes Verfahren anzuwenden, so könnte man es bei anderen Fächern eigentlich auch machen. Egal, ob sie sich in Marburg, an der Charité in Berlin oder in München bewerben. Es läuft alles über das gleiche Portal und das ist schon mal ein Fortschritt."

    Weitaus komplizierter seien Bewerbungen für Studiengänge mit örtlicher Zulassungsbeschränkung. Die Lehrergewerkschaft GEW fordert, dass ein einheitliches Bundesgesetz die Verfahren für alle Studiengänge regelt. Der stellvertretende GEW-Vorsitzende rechnet vor, dass jedes Jahr etwa 20.000 Bachelor und Masterstudienplätze nicht besetzt würden und das trotz verschiedener Nachrück- und Losverfahren.

    "Da muss einfach der Staat sagen, hier gewichten wir das Recht der Studienbewerber auf Hochschulzulassung höher als die Autonomie der Hochschule, im Einzelfall ganz alleine entscheiden zu können, wer genommen wird oder nicht."

    Auch ohne Bundesgesetz lässt sich die Koordination von freien Studienplätzen und Bewerbern verbessern, meint dagegen die Hochschulrektorenkonferenz. HRK-Sprecher Micha Teuscher über die schwierige Vergabe von Studienplätzen mit Numerus clausus.

    "Das führt eben dazu, dass besonders gute Studierende an mehreren Universitäten eine Zulassung bekommen, wenn sie sich mehrfach bewerben und dann nicht die ungenutzten Zulassungen absagen, sondern die bleiben frei."

    Freiwillig testen derzeit fast 50 Hochschulen bundesweit eine aufwendige Software. Sie verpflichten sich, ihre Numerus-clausus-Fächer bei der Stiftung für Hochschulzulassung einzutragen. Erhält ein Studierender nun einen Studienplatz, löscht das System die anderen Bewerbungen automatisch. So könnten frei gewordene Plätze schnell, neu besetzt werden.

    "Studierende können sehr viel früher eine Zulassung erhalten und nicht erst durch verschiedene Nachrückverfahren, die früher umständlich notwendig waren, an den einzelnen Hochschulen."

    Micha Teuscher ist überzeugt davon, dass sich das neue System langfristig durchsetzen wird. Er setzt auf IT-Technik, darauf, dass künftig immer mehr Hochschulen bei dem computergesteuerten Vergabeverfahren freiwillig mitmachen. Die Vergabebilanz für dieses Wintersemester sei positiv.

    "Keine freien Studienplätze in Psychologie, sondern alle Studienplätze konnten vergeben werden. Das ist ein Novum. Viele Hochschulen haben mit Jura teilgenommen, auch dort häufig eine Punktlandung. Von daher sehen wir es überhaupt nicht als erforderlich an, da ein zentrales Gesetz drüberzulegen."

    Nach zwei Jahren Praxistest zeigt sich, dass die komplizierte Software immer besser funktioniert, erklärt Micha Teuscher. Immer mehr Hochschulen werden sich mit immer mehr Studiengängen an das neue IT-System anschließen, davon ist HRK-Sprecher Teuscher überzeugt. Andreas Keller dagegen, stellvertretender Vorsitzender der Lehrergewerkschaft, pocht nach wie vor auf ein Bundesgesetz.

    "Die Hochschulen hatten über viele Jahre die Chance, es selbst zu regeln. Sie haben sie nicht genutzt und jetzt muss der Gesetzgeber eingreifen und sie dazu zwingen, an so einem Verfahren teilzunehmen."