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Gewalt im öffentlichen Dienst
Beleidigt, bespuckt, bedroht

Polizeibeamte werden im Dienst angegriffen, Lehrer bedroht, Rettungskräfte im Einsatz behindert und Feuerwehrleute mit Böllern beschossen. Heute ist UN-Tag gegen Gewalt im öffentlichen Dienst – ein Termin kurz vor dem G20-Gipfel, dem nächsten großen Härtetest für die Einsatzkräfte der Polizei.

Von Thomas Weinert | 23.06.2017
    Die Polizei versucht am 01.03.2014 am Weserstadion in Bremen Fans des Hamburger SV daran zu hindern, zu den Fans von Werder Bremen zu gelangen.
    Die Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst war Thema bei einem Aktionstag in Berlin. (picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen)
    Bundespolizist: "… und dann kommt da noch Ablehnung, Hass, Bewurf, weil man Vertreter des Staates ist, also, der G20 wird uns schon alle an die Grenzen bringen!" Innenministerium, DGB und deutscher Beamtenbund hatten heute – zum UN-Tag des Öffentlichen Dienstes – in den Berliner Hauptbahnhof geladen, damit die Gewalt gegen Beamtinnen und Beamte, nicht zum Alltag wird, wie es just Innenminister Thomas de Maizière ausdrückte.
    Für Katrin Grabow, seit 27 Jahren bei der Bahn, ist dafür im wahrsten Wortsinn der Zug schon fast abgefahren: "Also man merkt: Die Hemmschwelle, generell in der Bevölkerung oder dadurch eben auch im Zug, ist natürlich geringer geworden." Gesellschaftliche Solidarität einzufordern bei diesem Thema, Zivilcourage, das wäre ein Aspekt, der uns alle betrifft – also nicht nach Staat und Gesetz rufen, sondern nach einem Begriff, der laut Grabow fast altmodisch klingt: Anstand. Die Zugbegleiterin schult bereits seit vielen Jahren Kolleginnen und Kollegen:
    "Für mich ist wichtig, das will ich heute auch noch mal ganz deutlich sagen, bei mir ist die Bildung wichtig. Wenn die Leute alle richtig ausgebildet wären, in der Kita, in der Schule, wenn sie ihre Lehre beginnen, beim Studium. Da sind immer welche, die das gut packen, weil sie es vom Elternhaus mitbekommen haben, wie man sich zu benehmen hat und dann gibt es auch Elternhäuser, die das nicht leisten. Und dann muss eben die Politik einfach ran." Klare Forderungen der vor Ort Betroffenen.
    Zu wenig Personal für die Beweisfeststellung
    Fragt man Anke Bauder – sie ist Rettungsassistentin bei der Berliner Feuerwehr – nach der neuen Gesetzesverschärfung, die seit Mai Gültigkeit hat, dann geht das für sie schon in die richtige Richtung: "Grundsätzlich finde ich das gut. Es ist nur immer das Problem, wenn wir jetzt alleine draußen sind, ohne Polizei, es muss immer jemand dabei sein, der die Personalien feststellt, der das auch angeht und beweisfest macht, dass das so stattgefunden hat. Und da hapert es schon, weil einfach zu wenig Personal da ist."
    Diese Klage hört der Bundesinnenminister immer wieder heute. Thomas de Maizière als oberster Dienstherr der Bundespolizei stellt seinen Beamten die Frage, was denn die schlimmsten Erlebnisse seien bei ihren Diensten hier am Hauptbahnhof Berlin:
    "… und auch die tätlichen Angriffe auf uns …" "Was für Täter: Fußballer, Touristen?" "Ja, da ist das Lagefeld Fußball, keine Frage. Aber auch der ganz normale alltägliche Dienst. Die Täter, die wir stellen, das sind die normalen Taschendiebe, es sind die Widerstände, es sind körperliche Auseinandersetzungen mit den Tätern." "Wie oft spielt Alkohol eine Rolle – geschätzt?" "… Also jeder Dritte."
    Kein Diensthund, keine Bewaffnung verschaffen mehr Respekt, vielleicht noch Kameras am Mann – der Bundespolizist trägt versuchsweise derzeit eine sogenannte Bodycam. Um eben Straftaten zu dokumentieren, wie Anke Bauder, die Sanitäterin, eben bemängelte. Und immer wieder Alkohol: "… Das sind dann eben oft Freunde, Bekannte, Verwandte, die zum Teil alkoholisiert sind und da fehlt dann oft die Distanz und dann passiert schon mal, dass die handgreiflich werden."