Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Gezüchtetes Gebärmutterglück
Schwedisches Forscherteam will Uterus im Labor züchten

Im Oktober 2014 verkündeten schwedische Ärzte eine medizinische Sensation: Sie hatten einer Frau eine gespendete Gebärmutter transplantiert und ihr dadurch zu einem eigenen Kind verholfen. Nun gehen die Forscher noch einen Schritt weiter. Sie wollen eine Gebärmutter im Labor züchten, um Frauen behandeln zu können, die keinen funktionierenden Uterus haben.

Von Christine Westerhaus | 30.09.2016
    Mats Hellström hält den Uterus eines Schafs in der Hand
    Sobald die ursprünglichen Zellen aus dem Uterus herausgewaschen sind, wird der Uterus mit Stammzellen des Empfängertiers behandelt (Christine Westerhaus)
    "Willkommen im Transplantationslabor! Ich heiße Mats Hellström und ich arbeite als Forscher für Professor Mats Brännström, der das Transplantationsprojekt leitet."
    Mats Hellström steht am Eingang eines Labors. Es liegt im neonbeleuchteten Keller der Göteborger Sahlgrenska Akademie. Lange weiße Tische, Pipetten und Kühlschränke. Auf den Tischen stehen kompliziert aussehende Apparaturen mit vielen Schläuchen.
    "Unser langfristiges Ziel ist es, eine Gebärmutter aus den Stammzellen unserer Patienten zu züchten.
    Wenn Sie mir hier entlang folgen, können wir uns mal anschauen, woran wir arbeiten."
    Gebärmutter vom Schaf
    Mats Hellström führt zu einer etwa Schuhkarton-großen, durchsichtigen Plastikwanne. Darin schwimmt ein längliches, fast Tennisball-großes Gebilde in einer klaren Flüssigkeit. Es ist die Gebärmutter von einem Schaf. An der Seite ragen mehrere Schläuche aus dem Organ heraus:
    "Damit pumpen wir verschiedene Detergentien, also Waschlösungen, durch die Blutgefäße. So versuchen wir, die Zellen aus dem Organ herauszuwaschen."
    Die Gebärmutter eines Schafs ist an Pumpen angeschlossen, die die Zellen aus der Gebärmutter auswaschen sollen
    Die Gebärmutter eines Schafs ist an Pumpen angeschlossen, die die Zellen aus der Gebärmutter auswaschen sollen (Christine Westerhaus)
    Die Gebärmutter in der Plastikwanne schimmert noch bläulich, da noch nicht alle Zellen entfernt sind. Zum Vergleich holt Mats Hellström ein Organ aus dem Kühlschrank, das schon komplett dezellularisiert, also zellfrei ist:
    "Das, was dann übrig ist, sieht von der Form her genauso aus wie eine richtige Gebärmutter. Nur dass sie eben ganz weiß ist und transparenter wirkt."
    Dieses Organgerüst, das nur noch aus sogenannter extrazellulärer Matrix besteht, behandeln die Forscher im nächsten Schritt mit Stammzellen des Empfängers. Dies geschieht in einem weiteren Labor.
    Dort stehen unter einer Abzugshaube mehrere Kästen aus Plexiglas, an die zahlreiche Schläuche angeschlossen sind. Mats Hellström öffnet den Deckel einer Box.
    "Hier in dieser Kammer liegt das Organ und wir spritzen die Stammzellen entweder direkt in das Gewebe oder in die Blutgefäße. Gleichzeitig pumpen wir ein Medium durch das Organ, dass das Zellwachstum ankurbelt. Darin ist auch Sauerstoff enthalten."
    Wenn die Zellen herausgewaschen sind, bleibt eine "extrazelluläre Matrix" zurück.
    Wenn die Zellen herausgewaschen sind, bleibt eine "extrazelluläre Matrix" zurück. (Christine Westerhaus)
    Teilerfolg mit Ratten
    Bevor sie das Verfahren bei Schafen testeten, haben Mats Hellström und seine Kollegen Ratten behandelt. Sie besiedelten das zellfreie Uterus-Gerüst der Nager mit den Stammzellen eines anderen Tieres, und verpflanzten anschließend einen Teil dieses Zellkonstrukts in das Empfängertier:
    "Und das Interessante war, dass die Ratten das fremdes Uterusstück mit körpereigenen Zellen neu besiedelten. Offenbar funktioniert das aber nur, wenn das eingepflanzte Stück schon eine Anfangsbeschichtung hat. Denn als wir nur das Uterusgerüst einpflanzten, ohne es vorher mit Stammzellen zu besiedeln, hat der Körper es langfristig einfach abgebaut."
    Das verpflanzte Gewebestück war sehr klein: Die Ratte hat also nur einen Teil einer Gebärmutter bekommen. Zudem hatte sich das Ei in dem Teil des Uterus eingenistet, der von der Ratte selbst stammte. Dennoch hatte sich die Gebärmutter des Empfängertiers soweit regeneriert, so dass eine Trächtigkeit möglich war. Die Stammzellen, mit denen die Forscher das Gewebestück vorher besiedelt hatten, verwandelten sich jedoch nicht in Uteruszellen.
    Es ist also fraglich, ob es den Forschern gelingen wird, eine komplette Gebärmutter auf diese Weise zu regenerieren. Der Vorteil dieser Methode wäre, dass eine gezüchtete Gebärmutter nur aus den Zellen der Empfängerin bestehen würde. Doch ob das alles so funktioniert, ist weitgehend unklar - die Forschung steckt noch in den Anfängen.
    Schwedische Forscher wollen eine Gebärmutter im Labor züchten. Mehr zum Thema in
    Wissenschaft im Brennpunkt am Sonntag, 2. Oktober 2016 um 16:30 Uhr.
    Titel: "Gebärmutterglück - Uterus-Transplantation für ein eigenes Kind"