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Gibt es Reformen bei der FIFA?

Die mit Spannung erwartete Sitzung des FIFA-Exekutivkomitees hat heute in Zürich begonnen. Präsident Joseph Blatter hatte vorher angekündigt, ein so genanntes Reformpaket präsentieren.

Von Jens Weinreich | 20.10.2011
    Joseph Blatters Tafelrunde traf sich am Abend im sündhaft teueren Hotel Baur au Lac zum Dinner. Dort hatte am Morgen UEFA-Präsident Michel Platini die europäischen Exekutivmitglieder versammelt und danach behauptet, sein sportpolitischer Ziehvater Blatter sei "wirklich motiviert, etwas zu verändern". Angeblich sollen sich die Europäer auf ihr neues Exko-Mitglied Theo Zwanziger als Chef einer möglichen Reformkommission geeinigt haben. Der DFB-Präsident hat zwar im eigenen Land einige Affären überstanden, international gilt er als unbescholten und im Vergleich zu den vielen Ganoven im Exekutivkomitee, die sich seit Jahrzehnten schamlos und systematisch bereichern, geradezu als Lichtfigur. Zwanziger hat sich Expertise eingeholt und wird nach Deutschlandfunk-Informationen dem FIFA-Präsidenten ein umfangreiches Papier mit grundlegenden Änderungen der FIFA-Struktur präsentieren - wenn auch noch nicht bei dieser, seiner ersten Exekutivsitzung.

    Drei der schwerbelasteten Figuren fehlen diesmal in Zürich: Der Amerikaner Chuck Blazer, der Thailänder Worawi Makudi und Issa Hayatou aus Kamerun. Die drei zählen zu den größten Absahnen der Branche. Blazer hat, das ist bestens dokumentiert, mindestens zehn Millionen Dollar Provisionen für Marketingverträge kassiert - wahrscheinlich sogar 20 Millionen. Makudi hat gegenüber WM-Bewerbern unverblümt Millionen verlangt, lässt Millionen aus FIFA-Konten in Thailand verschwinden - wobei sich sein Reichtum auf wundersame Weise mehrt. Hayatou ist in den ISL-Bestechungsskandal und in andere Korruptionsvorgänge verstrickt, gegen ihn ermittelt bereits die IOC-Ethikkommission. Blazer und Hayatou haben sich krankheitsbedingt abgemeldet, Makudi hat seine Abwesenheit mit der Flut in Thailand begründet.

    Ein vierter Korruptionsfunktionär, Brasiliens Verbandschef Ricardo Teixeira, stand heute als Organisationschef der WM 2014, wo er und seine Familie wieder märchenhafte Reichtümer anhäufen, im Mittelpunkt. Es wurde der Spielplan der WM vorgestellt: Das Eröffnungsspiel findet in drei Jahren in Sao Paulo statt, das Finale - wenig überraschend - im Maracana von Rio de Janeiro. Teixeira machte einen nervösen Eindruck. Seine Herrschaft gerät ins Wanken, er muss sich daheim einmal mehr wegen Geldwäsche und anderer Delikte verantworten, im Zusammenhang mit dem bislang größten Bestechungsskandal der Sportgeschichte, dem ISL-Skandal, wurde gerade ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eröffnet - was nur beweist, wie FIFA-Funktionären beizukommen ist: mit der Härte des Gesetzes.

    Figuren wie Teixeira haben im Exekutivkomitee die Mehrheit. Blatter hat sie stets geschützt. Nicht nur das: Teixeiras dickster Kumpel heißt Jerome Valcke und ist FIFA-Generalsekretär. Auch Valcke, der sich gern als Saubermann darstellt und im Frühjahr in einer Email behauptet hat, die WM 2022 sei von Katar gekauft worden, hat eine schwarze Vita: Ein Gericht in New York hat ihn vor einigen Jahren als Serienlügner enttarnt. Aus den Gerichtsakten ist eine FIFA-interne Email überliefert, in der gefragt wird: Wie, verdammt noch mal, können wir es so aussehen lassen, als hätte die FIFA noch einen Funken Geschäftsethik?

    Das ist nun auch die große Aufgabe für Joseph Blatter, seine vielen korrupten Mitspieler und seine Propagandisten aus der PR-Abteilung.