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Gigantische Pipeline

In Kanada wird Öl aus Schiefervorkommen gefördert. Der Hauptabnehmer ist die USA. Eine Pipeline von der kanadischen Provinz Alberta durch fünf US-Bundesstaaten bis nach Texas soll die Öllieferung sichern – Gegner warnen jedoch vor Umweltrisiken und Klimafolgen.

Von Heike Wipperfürth | 03.11.2011
    Kanada besitzt die drittgrößten Ölreserven der Welt. Hauptabnehmer ist der große Nachbar im Süden. Doch seit die US-Wirtschaft schwächelt, stagniert die Nachfrage und das schwarze Gold wird in den USA unter Weltmarktpreisen verkauft – ein Problem für die Ölbranche und Wall Street-Spekulanten. Darum waren die Regierungen beider Länder froh über den Plan für die Keystone XL – eine Pipeline von der kanadischen Provinz Alberta durch fünf US-Bundesstaaten bis nach Texas.

    Der kanadische Pipeline Betreiber Transcanada will sieben Milliarden Dollar investieren, um das 2600 Kilometer lange Rohrsystem zu errichten. Bereits in zwei Jahren könnten täglich bis zu 830.000 Barrel Rohöl aus Teersanden zum Golf von Mexiko fließen - umgerechnet rund 132 Millionen Liter. Das Öl könnte in Raffinerien am Golf von Mexiko eingesetzt oder zu anderen Märkten verschifft werden. Die Lieferbeziehungen zu diversifizieren ist der Branche wichtig. Um den Amerikanern das gigantische Vorhaben schmackhaft zu machen, benutzen Politiker wie der Republikaner Ted Poe ein anderes Argument: neue Arbeitsplätze.

    "Pipelines sind zuverlässige Energielieferanten. Und dieses Projekt schafft Tausende von Arbeitsplätzen in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit."

    Noch wartet Kanada auf die Genehmigung von US-Präsident Barack Obama. Ende August legte das US-Außenministerium nach zweijähriger Prüfung eine Umweltverträglichkeitsstudie vor. Das Fazit: Keystone XL habe nur geringe Auswirkungen auf Land und Wasser und würde die Erdölabhängigkeit Amerikas aus dem Nahen Osten mindern.

    Während Kanada sein Öl in als "ethisch einwandfreie Energie” in US-Werbespots vermarktet, warnen Gegner vor Umweltrisiken und Klimafolgen. Am kommenden Sonntag wollen sich Zehntausende vor dem Weißen Haus treffen, um zu demonstrieren.

    Es ist nicht das erste Mal. Nach einer zweiwöchigen Demonstration Ende August wurden rund tausend Protestler verhaftet, darunter James Hansen, der Chefklimaforscher der Nasa und die Schauspielerin Darryl Hannah.

    Auch unter konservativen Politikern in den betroffenen Bundesstaaten wie Nebraska regt sich Widerstand. Denn die Pipeline soll das Ogallala Aquifer kreuzen, einen der größten Grundwasserspeicher der Welt. Öllecks könnten das Trinkwasser von Millionen Amerikanern verseuchen, warnen sie.

    Aus gutem Grund. Auf einem bereits existierenden Teilstück der Pipeline kam es im ersten Jahr zu zwölf Öllecks – Vorboten einer vermeidbaren Katastrophe, sagt der Umweltschützer Bill McKibben, der die Gegenbewegung organisiert.

    "Wir demonstrieren, um neue Lecks wie bei BP zu vermeiden. Aber selbst wenn das Öl bis nach Texas fließt, verschmutzt jeder Tropfen die Umwelt. Wenn wir das Öl verbrennen, erhöhen wir die Treibhausgas-Emissionen."

    Eindringlich warnt McKibben auch vor etwas ganz anderem: Der in Kanada praktizierten Gewinnung von Öl aus Teersanden. Diese Art der Ölgewinnung ist eine der schmutzigsten der Welt. Nicht nur wegen Wasservergeudung und Giftschlammbecken. Sondern auch weil bei dem energieintensiven Verfahren Treibhausgase entweichen und Flüsse verschmutzt werden .Kanada gehört aufgrund des CO2 Ausstoßes der Teersandanlagen in der Provinz Alberta zu den größten Umweltverschmutzern der Welt – bei nur 32 Millionen Einwohnern. Daher sei die Pipeline eine schlechte Idee.

    "Es ist die zweitgrößte Kohlenstoffansammlung der Welt. Jim Hansen, einer der besten Klimatologen der Welt, hat gesagt, dass das Spiel mit dem Klima aus ist, wenn wir sie anzapfen."

    Er will, dass die USA Kanada eine Absage erteilen. Doch große Hoffnung hat er nicht.