25 Jahre WWW für alle

Wie Zafer Şenocak die Einführung des Internet erlebt hat

Der Publizist Zafer Şenocak
Der Publizist Zafer Şenocak © Deutschlandradio / Torben Waleczek
Moderation: Anke Schaefer · 30.04.2018
Wie war das eigentlich, ein Leben ohne Internet? Und wie, als das WWW am 30. April 1993 für alle zugänglich wurde? Der Publizist Zafer Şenocak hat diesen Akt von revolutionärer Tragweite "völlig verschlafen". Jedenfalls anfangs.
"Wozu soll das denn gut sein?", fragte der Publizist Zafer Şenocak, als man ihm im November 1992 an der University of Indiana zum ersten Mal eine E-Mail vorführte. Die Antwort, damit könne man von einem Zimmer zum anderen Nachrichten schicken, sei ihm "absurd und blöd" vorgekommen. "Man hätte ja auch kurz anklopfen oder anrufen können", sagte er im Deutschlandfunk Kultur.
Ein Kleinbüro im Aktenkoffer wird auf der Computermesse CeBit in Hannover als Neuheit vorgestellt. In dem handlichen Koffer sind ein Laptop, Drucker, Mobiltelefon und Modem untergebracht. Über Telefon lässt sich mit jedem Rechner kommunizieren. Aufnahme vom 22.03.1990. Foto: Holger Hollemann +++(c) dpa - Report+++
Damals das Neueste vom Neuen: Auf der CeBit 1990 wird ein Kleinbüro im Aktenkoffer vorgestellt, inklusive Mobiltelefon und Modem.© picture-alliance/ dpa / Holger Hollemann
Ein halbes Jahr danach, am 30. April 1993, schaltete das Forschungszentrum CERN den Zugang zum World Wide Web für alle frei. Vorher war es lediglich ein universitäres Netzwerk. Aus heutiger Sicht ein geradezu revolutionärer Akt, der das Leben der meisten Menschen in den folgenden Jahrzehnten gravierend verändert hat. Er selbst habe die Öffnung des WWW allerdings "völlig verschlafen", räumt der deutsch-türkische Publizist ein. Wie, von einigen Fachleuten abgesehen, Deutschland insgesamt: "Wir haben so Themen gehabt wie, ein Ruck muss durchs Land gehen - Präsident Herzog - oder so."

Verstehen wir das WWW bis heute nicht?

Er selber hätte die Tragweite des WWW verstanden, als er 1997 ein Semester am Massachusetts Institute of Technology war. Damals hätte man in den USA bereits darüber geforscht, wie das Web beispielsweise die Gestaltung von Texten verändere. "Es gab Menschen, die darüber gearbeitet haben, wie sozusagen die Verbindung zwischen den Humanwissenschaften, dem Erzählen von Texten, den Narrativen und diesem neuen System funktioniert, was da eigentlich entsteht."
Letztlich sei das WWW aber ein Medium, das wir bis heute nicht verstünden. Obwohl es allgegenwärtig ist und man sich kaum noch vorstellen kann, wie das Leben davor war: "Man beobachtete vielleicht auch anders, kann das sein?", fragt Zafer Şenocak. "Man hatte vielleicht noch ganz andere Augen als heute, weil, heute hat man eben diese Bildschirmaugen."
(uko)

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Zafer Şenocak" können Sie hier nachhören: Audio Player

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Und wie wird das Internet der Zukunft sein?

Der Zukunftsforscher Karlheinz Steinmüller, Wissenschaftlicher Direktor beim Zukunftsforschungsinstitut "Z-Punkt" und Autor zahlreicher Fachbücher, sagt: "Heute ist das Internet ein Raum für Kommerz und Beeinflussung" - dass das Netz zur Befreiung der Menschen beitragen würde, von dieser Vision sei heute nicht mehr viel übrig. "Vieles von unserer realen Welt spiegelt sich im Netz", erklärt er.
Auch in Zukunft würden Bilder, Töne und Texte im Vordergrund stehen, meint er, doch Forscher arbeiteten gerade an bestimmten Handschuhen, mit denen man virtuelle Objekte betasten könne. Auch an Gerüchen forsche man - doch Düfte (und Gestank!) seien schwer wieder aus den Raum zu bekommen, wenn die Moleküle erst einmal drin seien. Braucht man dann Absaugvorrichtungen? "Es wird plötzlich wahnsinnig kompliziert", sagt er. Eine andere Möglichkeit wäre, durch Brain-Computer-Interfaces direkt mit den Nerven zu kommunzieren - ohne Umweg über die Sinnesorgane.

Hören Sie hier das Interview mit Zukunftsforscher Karlheinz Steinmüller:

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