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Gleitflug bei Schlangen
Gekringelte Körperhaltung trägt weit und gezielt

Wie es einige Schlangenarten schaffen, über den Luftweg von Baum zu Baum zu gelangen, untersuchen Wissenschaftler aus Virginia seit mehreren Jahren. Zuletzt berichtete "Forschung aktuell" 2010 darüber. Nun sind dieselben Forscher einen Schritt weiter gekommen.

Von Michael Stang | 03.02.2014
    Wir wollten herausfinden, welche physikalischen Mechanismen die Schlangen zum Gleitflug befähigen, sagt Jake Socha von der Virginia Tech in Norris Hall. Der US-amerikanische Biologe ist der Frage nachgegangen, ob beim Gleitflug der Schmuckbaumnattern für die Aerodynamik die Bewegung während des Fluges wichtiger ist oder der Umriss des Körpers. Bislang war nur klar, dass die Schlangen beim Sprung von Baum zu Baum die Rippen spreizen und den Körper in mehrere S-Kurven hintereinanderlegen. Dies allein erklärt aber nicht die vollständige Flugfähigkeit an sich, sowie die Navigationsfähigkeit der Nattern. Nachdem der Forscher in mehreren Studien die in den tropischen Regenwäldern von Südostasien heimischen Reptilien von einem Baukran aus 15 Metern Höhe hatte springen lassen, um ihre Flugperformance zu analysieren, blieb er bei den neuen Experimenten im Labor.
    "Wir haben einen 3D-Druck des Schlangenkörpers gemacht beziehungsweise die Umrisse im Querschnitt nachgebaut. Diese Form haben wir dann in einem Strömungskanal getestet, um die Verwirbelungen zu messen und zu visualisieren. Erstmals haben wir so die gesamten Strömungseigenschaften messen können."
    Bei ihren bis zu 30 Meter weiten Gleitflügen von Baum zu Baum kringeln sich manche dieser Schlangen zu einer Art Ufo zusammen. Diesen Querschnitt, ein breites Dreieck mit leicht eingedellter Unterseite, untersuchte Jake Socha im Labor mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten, und schaute, wie bereits geringe Veränderungen der Winkel die aerodynamischen Eigenschaften verändern.
    "Wir hatten erwartet, dass diese Form nur eine mittelprächtige Aerodynamik zeigt, weil sie einfach nicht wie ein Flugzeugflügel geformt ist. Zu unserer Überraschung sahen wir aber, dass dieser Schlangenkörper dennoch recht windschnittig ist. Wichtig sind natürlich Größe und Geschwindigkeit. Würde man das riesengroß nachbauen, wäre das dann weder hinsichtlich der Größe noch der Geschwindigkeit windschnittig."
    Aber für die Schlangen in dieser Größe - zwei Zentimeter breit und einen Meter lang, sei das ganze System sehr effektiv. Tiere mittlerer Länge erzielten die besten Ergebnisse. Es gebe nur ein ganz kleines Fenster bezogen auf die Körpergröße, in dem die Schlangen eine optimale Flug-Performance zeigen, so Jake Socha. Sind die Tiere zu lang oder zu schwer, wirkt sich das ebenso negativ auf die Flugstrecken aus wie ein zu geringes Gewicht oder eine geringe Körperlänge. Trotz der neuen Erkenntnisse zum Gleitflug der Reptilien sei ein Forschungsende aber noch nicht in Sicht.
    "Wir haben das Geheimnis des Schlangenfluges noch immer nicht vollständig verstanden. Bei dieser Studie hier haben wir auch nur den Durchschnitt des Schlangenkörpers untersucht, nicht das aerodynamische Zusammenspiel des ganzen Schlangenkörpers, der sich während des Fluges ja auch noch bewegt. Es ist ein Teilergebnis, dass also der Durchschnitt ein wichtiger Aspekt in der Aerodynamik ist. Aber dies erklärt nicht vollständig, weshalb die Schlangen so gut fliegen können."
    Damit bleibt die Flugfähigkeit der asiatischen Schmuckbaumnattern weiter ein Rätsel, mit der die Schlangen zielgerichtet ohne Flughäute von Baum zu Baum gleiten.