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Glosse
Digitales Logbuch: Hunde-Handy (Teil 2)

Als das mit den Mobiltelefonen anfing, veränderte sich meine Beziehung zu unserem kleinen Hund, dem Pinscher. Tante Annie vom Phone-Shop hat mir damals ein Nokia geschenkt.

Von Maximilian Schönherr | 11.01.2014
    Hunde, Handy, Digitales Logbuch
    "Seit dem iPhone und dem Samsung ist meine Beziehung zu Pinscher gestört. Weiß nicht, ob wir die noch reparieren können." (brehm/epict.de)
    Immer wenn Pinscher sich beim Gassigehen eine Hecke heraussuchte, wählte ich gelangweilt meine Mutter oder einen Freund an, vielleicht den Bäcker, und wir plauderten so lange, bis Pinscher vor Langeweile Richtung nach Hause zog. Sorry, Pinscherchen, ich hab vergessen zu laufen, natürlich hätte ich beim Telefonieren weitergehen können, zum nächsten Baum, stimmt schon.
    Dann kam Tante Annie mit einem Klapp-Handy von Motorola an, Restposten. Damit konnte ich Radio hören. Weil das Ohrhörerkabel die Antenne war und der UKW-Empfang richtungsabhängig war, drehte ich mich oft um die eigene Achse, was unseren kleinen Pinscher schwer durcheinander brachte. Wir kamen manchmal völlig verknotet oben am Friedhof an, und es war mir irre peinlich, dort der schönen Frau mit dem grünen Mantel zu begegnen, die ganz gepflegt an gestreckten Leinen ihre beiden Labradorinnen ausführte.
    Seit dem iPhone und dem Samsung ist meine Beziehung zu Pinscher gestört. Weiß nicht, ob wir die noch reparieren können. Das fängt schon damit an, dass ich normalerweise zögernd das Haus verlasse, weil ich just wenn ich die Leine hole, gerade eine Mail zu Ende schreiben muss. Währenddessen zieht und zerrt der Hund, und manchmal bellt er mich sogar unverschämt an. Aber dann gehen wir doch los, und ich sprinte beherzt den Berg zur Kirche hoch - da bremst mich doch auf halbem Weg der Köter aus, bleibt einfach stehen, immer an derselben Stelle, immer an dieser erbärmlichen Birke neben dem alten Audi. Die Stelle ist deswegen so erbärmlich, weil es dort kein LTE gibt, nicht einmal 3G, allenfalls ein bisschen Edge.
    Kurz dachte ich einmal, es wird Zeit, dass der Pinscher und ich uns trennen. Aber dann habe ich gemerkt, dass er mit irgendeinem Verfahren, das mir persönlich nicht einleuchtet, die Kellertür von außen geöffnet und alle seine Freunde mitgebracht hat. Auch die beiden Labradorinnen. Und da steht sie nun vor unserem Haus und friert, die schöne Frau mit dem grünen Mantel. Kann ich Sie zum Tee hereinbitten?