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Glosse zu Österreichs Präsidentschaftswahl
Kleben und kleben lassen

Die Österreicher haben es drauf mit der Unterhaltung, meint Gregor Sander: Mozart, Falko, Haider - und jetzt das Klebergate um die Präsidentschaftswahl. Da lacht selbst Claus Kleber. Doch den Österreichern ist das egal: Der amtierende österreichische Präsident glaubt, das Problem werde sich schon von allein lösen. Na klar, denn der Kleber hält ja sowieso nicht!

Von Gregor Sander | 12.09.2016
    Sobotka hinter einem Rednerpult. Er zeigt auf die Stelle des Wahlumschlags, wo der Kleber fehlerhaft ist.
    Hier klebt es nicht richtig. Innenminister Sobotka erläutert vor der Presse, warum die Stichwahl verschoben werden muss. (Christian Bruna, picture alliance / dpa)
    Ach, die Österreicher, die können’s. Die sind einfach eine Unterhaltungsnation. Wen die schon alles hervorgebracht haben. Mozart, Falko, David Alaba, den Haider. Unterhaltung pur eben.
    Die Österreicher, das sind die, die unter uns wohnen im Haus Europa. Gleich wenn man über die Alpen kommt links. Obwohl die auch eher rechts sind, so wie wir. Aber nicht so verdruckst AfD-verschwiemelt-rechts, sondern eher so geradeaus und die Braunen nennen sich die Freiheitlichen. Was für ein Humor! Und jetzt das mit dem Kleber. Hammer:
    "Wenn man sich dann einen Moment zurücklehnt und nüchtern drüber nachdenkt, dann haben wir aber tatsächlich ein Problem in Österreich und das heißt Klebstoff."
    Das sagt der Präsident, Alexander Van der Bellen, und es bleibt hier nun wirklich keine Zeit für Namenswitze, obwohl Van der Bellen schon wieder... Na ja, aber egal.
    Also der Van der Bellen ist Ösi-Präsident und Grüner, aber eben nicht so richtig demokratisch gewählt. Da ist Einiges schief gelaufen bei seiner Wahl, so viel, dass die Wahl nun wiederholt werden muss. Weil, und das ist natürlich auch schon wieder sehr originell, weil die Briefwahl daneben ging. Wer sich nicht mehr erinnert: Briefe sind diese eckigen Papierdinger, in die man seinen Stimmzettel stecken kann, wenn man am Wahltag zum Beispiel gar nicht an der schönen blauen Donau ist, aber trotzdem wählen möchte.
    "Wir haben ein Problem - und das heißt Klebstoff"
    Es sind dann allerdings keine Postkutschen in Wien umgekippt damals, sondern es wurden in Wahllokalen Briefe am Wahlsonntag um 19 Uhr geöffnet, die eigentlich erst am Montag früh hätten geöffnet werden dürfen. Und so ein Wahlschein kann sich das in seinem Umschlag über Nacht natürlich noch mal überlegen.
    Das hat der Gegenkandidat vom Van der Bellen, der Norbert Hofer von der FPÖ, eingeklagt. Die Österreicher sollen sich nämlich zwischen einem Grünen und einem Braunen entschieden. Auch schon wieder krass, weil mit ÖVP, SPÖ, Mitte der Gesellschaft oder so einem Schmarrn geben die sich nicht mehr ab. Und jetzt der Kleber:
    "Wenn man sich dann einen Moment zurücklehnt und nüchtern drüber nachdenkt, dann haben wir aber tatsächlich ein Problem in Österreich und das heißt Klebstoff."
    Die Österreicher haben halt Schmäh
    Tja, wenn man nüchtern drüber nachdenkt! Wobei: Es ist nicht so, dass die Präsidentschaftskandidaten Klebstoff geschnupft haben. Könnte man denken bei einigen Aussagen, aber nein, nein, so krass sind die da unten nun auch wieder nicht drauf. Aber um dieses Briefwahlding noch mal zu toppen, haben sie die Briefumschläge dieses Mal so bearbeitet, dass sie nicht schließen. Also sie platzen auf oder kleben nicht zu.
    Meine Güte, bei uns sagt die Merkel einmal:
    "Wir schaffen das."
    Und das klebt ihr dann ewig an der Backe. Das wird hin- und herzitiert. Und jetzt machen sich hier natürlich auch alle über die Ösis lustig: "Das Kleben der Anderen", die "Die Rückkehr der Klebi-Ritter" oder Klebergate. Selbst Claus Kleber vom Heute Journal hat einen Witz gemacht. Ich meine: Claus Kleber! Aber das ist den Österreichern schnuppe. Die haben halt Schmäh. Kleben und kleben lassen! Gut, die Wahl war nicht legal und die Nachwahl muss abgeblasen werden, weil der Klebstoff für die Briefe offensichtlich im Innenministerium bei der Weihnachtfeier weggekokst wurde. A geh. Und was sagt der illegale Präsident?
    "Das werden wir ja wohl noch lösen, dieses Problem."
    Klar werd’s ihr das, ihr Unterhaltungsgiganten. Das Problem wird sich schon allein lösen, weil: Der Kleber hält ja bei euch eh nicht!