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Glückliche Kühe

Die wenigsten Einwohner, die sauberste Luft, der größte Anteil an geschützter Naturfläche - mit solchen Eigenschaften hat sich Mecklenburg-Vorpommern zu einer der beliebtesten deutschen Ferienregionen gemausert. Derzeit bietet die Region einen besondern Leckerbissen: Auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst laufen die kulinarischen Wochen. Meisterköche verwöhnen ihre Gäste mit Bioprodukten, mit Sanddornspezialitäten und Wildkräutern aus der Gegend oder mit Rindfleisch vom Biogut Darß.

Von Katrin Kühne | 01.11.2005
    Zur Zeit herrscht "Almabtrieb" auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Die 4000 Fleckvieh, Limousins, Blondes Aquitaines und Deutsch Angus' von Karl-Heinz Daetz werden von den Weiden in die Ställe nach Born am Bodden geholt. Der gelernte Landwirt mit DDR-Tierzuchtleiter-Diplom betreibt dort zusammen mit seinem Partner Heinz Fiege das Bio-Gut Darß. Den Sommer hatten Mutterkühe, ihre Kälber und die 40 Bullen auf den Salzwiesen zwischen Ostsee und Bodden verbracht. Ja, hier gibt es sie: die sprichwörtlichen "Glücklichen Kühe". Künstliche Besamung ist gemäß den strengen Bio-Richtlinien verboten, ebenso jede Art von Zufütterung. Die Kälbchen erhalten nur "Mutterns" Milch oder das Gras zu ihren Hufen. Am 1.Mai 1992 war die Gut Darß GmbH & Co. KG als juristischer Nachfolger des DDR-Volkseigenen Gutes, VEG Zingst mit Massentierhaltung von bis 30.000 Tieren, gegründet worden. Daetz und sein Mitgesellschafter setzen dagegen auf Landschaftspflege und extensive Landwirtschaft.

    " Extensive Rinderhaltung heißt erstmal, dass wir nur bestimmte Tiere pro ha halten dürfen. In Deutschland 1,4 Großvieheinheiten, wir liegen bei 0,9 Großvieheinheiten. Dass wir auf dieser Fläche, das ist auch noch speziell mit dem Nationalpark und Naturschutz, keine Umbruch-Weideflächen haben. Wir haben alles Weideland, kein Düngereinsatz, kein Stickstoffeinsatz, nur organischer Dünger. Im Nationalpark nicht mal organischer Dünger, sondern nur das, was die Tiere beim Weiden verlieren und haben deswegen nur 50 Prozent Ernteertrag gegenüber einem intensiven Weidebetrieb."

    Geschäftsfelder von Gut Darß sind die Mutterkuhhaltung, also Aufzucht der Rinder und Kälber, sowie die Produktion von Bio-Fleisch. Das 4000 ha große Bio-Gut liegt zur Hälfte im Nationalpark "Vorpommersche Boddenlandschaft", der größte Mecklenburgs.

    " Die Zusammenarbeit zwischen Nationalpark oder Landschaftsschützer und Tierproduzenten, dass die sich nicht einig sein können, da gibt es bei uns keine Probleme. Das Primat hat die Landschaftspflege und der Nationalpark hat (seine Gesetzlichkeit), seine Vorschriften, die er einzuhalten hat, mit denen wir auch klar kommen und entscheidend ist, dass man sich miteinander unterhält und entsprechend der Zielstellung gemeinsam entscheidet."

    Ein Drittel des Nationalparks wird landwirtschaftlich genutzt. 1992 hatte Daetz' GmbH dort die Landschaftspflege übernommen. Nicht nur die Rinder sollen artgerecht aufwachsen, sondern auch die Natur geschützt bzw. unterstützt werden. Seit Jahrhunderten werden auf der Ostsee-Halbinsel Kühe gezüchtet. Durch die Beweidung bleibt das Gras kurz und damit wird der Lebens- und Nahrungsraum für Kiebitz, Rotschenkel oder Uferschnepfe erhalten.

    " Bei der ganzen Euphorie auch zur Landschaftspflege und Nationalpark und dergleichen müssen wir natürlich eine schwarze Zahl schreiben."

    Zu den Kunden des Bio-Gutes gehören qualitätsbewusste Firmen wie der Babynahrungshersteller Hipp.

    " Wir arbeiten nicht direkt mit der Familie Hipp zusammen. Wir haben einen Erzeugerverband. Ein Erzeugerverband 'Weidehof' mit fünf Betrieben, die ca. 27 Millionen Fleisch im Jahr produzieren und ein Teil bekommt über den 'Weidehof' der Kindernahrungshersteller Hipp."

    Der Verband produziert pro Jahr Fleisch im Wert von 27 Millionen Euro. Er beliefert neben Hipp auch mehrere Großhandelsketten wie Edeka und so finden auch Kalbsfilet und Rumpsteak von Gut Darß ihren Weg vom Mecklenburger Bodden an die Fleisch-Theken von Supermärkten.