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Goethe-Institute
Schlechte Bedingungen für Honorarkräfte

"Vordemokratisch und ungeheuerlich": So beschreibt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Arbeitsbedingungen für Honorarkräfte an den deutschen Goethe-Instituten. Weder haben sie einen Tarifvertrag noch bekommen sie Sozialleistungen oder Urlaubsgeld - dabei machen die Institute Millionen-Umsätze.

Von Philipp Banse | 02.12.2014
    "Wen wir krank werden, dann nehmen wir Aspirin und stellen uns in den Klassenraum. Eine Kollegin war vor zwei Jahren mit einem Bandscheibenvorfall krank, die musste Hartz IV beziehen. Andere Kollegen, die schwerere Krankheiten haben, für die ist das Krankheitsrisiko einfach enorm."
    Dieter Wardenbach ist Honorar-Kraft am Berliner Goethe-Institut, das wie alle zwölf Goethe-Institute in Deutschland keinen Cent Steuern bekommt und sich komplett selbst finanzieren muss, vor allem über Sprachkurse. 20 Stunden in der Woche unterrichtet Dieter Wardenbach dort Deutsch als Fremdsprache, bringt Diplomaten Deutsch bei. Als selbstständige Lehrkraft ist Wardenbach gezwungen, den kompletten Beitrag für gesetzliche Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung selbst zu zahlen.
    "Pro Monat ergibt das dann ungefähr einen Verdienst von 1.400 Euro netto."
    Wardenbach bekommt kein Urlaubsgeld und wenn er krank ist, auch kein Honorar. Für die meisten Selbstständigen ist das Alltag. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft spricht von einem Skandal. Nach Angaben des Goethe-Instituts bestreiten die selbstständigen Lehrer 70 Prozent des Sprachunterrichts an den deutschen Instituten. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft schätzt, dass dafür 400 Honorarkräfte nötig sind. Menschen mit Hochschulabschluss, die jedoch zu prekären Bedingungen arbeiten müssten, klagt die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Die Gewerkschaftsfrau will mit dem Goethe-Institut einen Tarifvertrag für die selbstständigen Honorarkräfte abschließen. Der soll Honorarerhöhungen regeln, die Übernahme in eine Festanstellung, zusätzliche soziale Leistungen und dass das Goethe-Institut sich an den Beiträgen für die Sozialversicherung der selbstständigen Lehrkräfte beteiligt. Doch das Goethe-Institut will davon nichts wissen, klagt die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe:
    "Das Goethe-Institut hat weltweit ein hervorragendes Renommee. Aus Sicht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ist das nicht der Fall. Seit Sommer 2012 bemühen wir uns um Gespräche. Nicht mal dazu ist das Goethe-Institut bereit. Es ist vordemokratisch und ungeheuerlich."
    Kaufmännischer Direktor: "Sehen die Notwendigkeit nicht"
    Ihr Kamm dürfte weiter angeschwollen sein, als der kaufmännische Direktor des Goethe-Instituts heute auf der jährlichen Pressekonferenz verkündete:
    "Wir konnten unsere Erlöse in der Spracharbeit im Inland auf 49 Millionen Euro steigern. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Anstieg um eine Million Euro."
    Die deutschen Filialen des Goethe-Instituts holen mehr Geld rein, vor allem durch die Leistung selbstständiger Honorarkräfte und wollen diesen aber keinen Tarifvertrag geben? Richtig, sagt Bruno Gross, der kaufmännische Direktor des Goethe-Instituts. Das Goethe-Institut biete viel:
    "Aus unserer Sicht eine angemessene Bezahlung, eine vergütete Fortbildung und Qualifizierung und regelmäßig Partizipation an Tarifsteigerungen. Nicht mehr würde man tatsächlich auch in einem Tarifvertrag festhalten können, sodass wir hier tatsächlich auch die Notwendigkeit nicht sehen."
    Das Goethe-Institut zahlt seinen Honorarkräften zwischen 27 und 34 Euro je Lehreinheit, das sei mehr als andere Sprach-Institute. Auch zahlt das Institut den Honorarkräften jährlich oft Prämien von mehreren Hundert Euro. Das sei Entlohnung nach Gutherrenart, kritisiert die Gewerkschaft und besteht auf einem einklagbaren, langfristigen Tarifvertrag. Der Führung des Goethe-Instituts konnte das heute die gute Laune nicht verderben. Grund für die gute Stimmung sind jedoch die steuerfinanzierten Goethe-Institute im Ausland. Vier Jahre lang war der Etat gesunken, erinnerte der Präsident Klaus Dieter Lehmann:
    "Umso froher waren wir nach der Bereinigungssitzung in diesem Jahr, wo wir feststellen konnten, dass wir mit einem Plus von 16,6 Millionen Euro aus diesen Verhandlungen heraus gekommen sind und damit Gott sei Dank wieder Gestaltungsmöglichkeiten für die Auslandsinstitute von Goethe haben."
    Gut 230 Millionen Euro Steuergeld wird das Goethe-Institut im kommenden Jahr bekommen, ein Plus von 5 Prozent. Den Honorarkräften in Deutschland wird das nichts helfen. Die Steuermillionen gehen alle an die ausländischen Goethe-Institute.