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Göttinger Studenten protestieren gegen Studiengebühren

Bildung für alle und zwar umsonst, Bildung für alle.

Von Elke Drewes | 27.01.2005
    Bildung sollte kein Privileg der Reichen sein, hat nicht jeder Mama und Papa, die zahlen können. Viele arbeiten für ihr Studium. Das ist jetzt schon hart genug und wird dazu führen, das die Schere immer weiter aufgeht.

    500 Euro ich kann mir das nicht leisten und weiß nicht, was ich machen soll. Gerade das Erststudium sollte umsonst sein.

    Mit diesen Forderungen zogen Studierende vielerorts durch die Innenstädte. In Göttingen versammelten sich 700 Studierende zu einer Spontankundgebung vor dem Universitätspräsidium.

    Die Proteste richten sich v.a. auch dagegen, dass das Land Niedersachsen gerade erst 40 Millionen Euro insgesamt bei allen Unis gekürzt hatte. Eine Summe, die auch Studiengebühren nicht ausgleichen können, kritisiert Jan Rickert vom Fachschaftsrat der sozialwissenschaftlichen Fakultät.

    Es wurde gekürzt, jetzt sollen Studiengebühren den Universitäten zu Gute kommen. Das ist Milchmädchenrechnung, dann hätte man nicht kürzen müssen.

    Die Universität Göttingen hat schon angekündigt, dass sie gerne 500 Euro Studiengebühren kassieren möchte. Bei dieser Summe wird es allerdings nicht bleiben, sagt der Vizepräsident der Göttinger Universität Gerd Luer.

    500 Euro ist so eine Hausnummer, die ganzer Bundesrepublik gehandelt wird, eine Einstiegsgröße, es wird über viele Jahre hinweg nicht dabei bleiben, sondern es wird eine Differenzierung zwischen verschiedenen Universitäten geben. Höher qualifizierte Unis mit begehrten Studienplätzen können dann mehr verlagen, andere weniger. Das heißt, die Konkurrenz zwischen den Unis wird verschärft.

    Die Konkurrenz mit anderen Universitäten, auch denen in SPD regierten Ländern, die bisher keine Gebühren erheben wollen, diese Konkurrenz fürchtet die Göttinger Universität nicht.

    Wir sind dafür, dass wir im Wettbewerb mit anderen Hochschulen sind. Wir rechnen uns Chancen aus.

    Die Uni Göttingen setzt auf ihr Angebot in den Naturwissenschaften. Dort wurden in den vergangenen Jahren gerade erst zwei Zentren für molekulare Biologie und Neurowissenschaften eingerichtet. Ein Teil der Studiengebühren soll in die Auswahlverfahren für diese Elitestudiengänge fließen, so Uni-Vizepräsident Luer. Der größere Teil allerdings soll für die Lehre und Betreuung der Studierenden genutzt werden.

    Hier haben wir einen großen Nachholbedarf, denn eins ist ganz klar: die deutschen Unis sind unterfinanziert und wir müssen versuchen mit neuen Mitteln die Defizite auszugleichen. Wenn man Spitzenforscher bekommt, wird man da zulegen müssen. Das sind aber nicht die bedeutenden Summen. Bedeutend ist, dass wir Medien haben, gute Unterrichtsräume, Labore und v.a. die Bibliotheken lange offen halten und bestücken können mit Zeitschriften, was wir heute nur reduziert machen können.

    Die wichtigste Bedingung für die Studiengebühren ist, dass das Land seine Zuwendungen nicht weiter kürzt und die Gebühren in voller Höhe den Universitäten zu Gute kommen, fordert die Göttinger Universitätsleitung.
    Wir möchten 100 Prozent haben und das nicht kompensiert sehen durch eine Kürzung der Mittel, die wir jetzt bekommen.

    Das allerdings hat auch die Göttinger Uni als Stiftungsuniversität mit eigenem Haushalt nicht in der Hand.

    Ich kann mir da nur an das halten an das was uns Wissenschaftsminister Stratmann zugesichert hat. D.h. wir können nicht an dem Finanzminister vorbei Gebühren regeln. Hier gibt es keine Möglichkeiten als Stiftungsuni darum herum zu kommen.

    Eine weitere Bedingung stellt die Universität Göttingen für die Einführung der Studiengebühren: sie sollen sozial verträglich sein.

    Es soll niemand abgewiesen sein, der das Studium nicht finanzieren kann. So wie in Princeton, einer der Spitzenunis der Welt. Dort wird ausgesucht, wer geeignet ist und eine Finanzierung wird dann immer gefunden.

    Schon jetzt arbeiten die Kreditbank für Wiederaufbau und einige Landesbanken wir die NordLB an einem Finanzierungsmodell über zinsgünstige Darlehen, mit denen Studierende die Gebühren bezahlen sollen.

    Das sei aber gerade keine Lösung für alle Studierenden, kritisiert Kalle Kunkel vom basisdemokratischen Bündnis der Uni Göttingen.

    Das ist ne typische Rechnung von Ökonomen, was es ausschließt ist, dass Menschen aus ärmeren Schichten ein höheres Problem damit haben, sich zu verschulden. Insofern hat das nichts mit Sozialverträglichkeit zu tun."

    Auch jetzt schon kostet ein Studium im Schnitt 40.000 Euro. Für die Studiengebühren müssten noch mal 10.000 Euro draufgelegt werden - wenn es bei 500 Euro pro Semester bleibt.



    Wenn man schon sein Bafög zurückzahlen muss, kommt das noch als zusätzliche Belastung dazu, dann muss man auch erst mal nen Job haben nach dem Studium und dann sieht das schon schlecht aus. Ich und viele, die ich kenne, würden dann auf jeden Fall gehen, an eine kostenfreie Uni. 500 Euro kann ich mir auf keinen Fall leisten. Dann würde durch Studentenschwund die Uni geschlossen werden.

    Die Uni Göttingen rechnet mit den Studiengebühren frühestens ab 2007. Andere Universitäten in Bayern, Baden Württemberg und Hamburg wollen die Studierenden schon 2006 zur Kasse beten.

    Bundesweite Protestdemonstrationen sind für den 3. Februar in Hamburg, Leipzig, Essen und Mannheim geplant.