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Grammys und Politik
Grammy-Verleihung mit politischen Botschaften

Bei der Grammy-Verleihung feiert die Musikindustrie neue Talente, Legenden und sich selbst. Gestern Abend spielte in Los Angeles auch die Politik eine große Rolle. Schon auf dem roten Teppich nutzten viele Künstler ihren Auftritt vor Millionen Menschen, um Kritik loszuwerden.

Von Kerstin Zilm | 13.02.2017
    Adele im grünen Kleid mit fünf Grammy Awards in den Armen
    Adele hat bei den Grammy Awards abgeräumt - die Politik stand bei der 59. Verleihung allerdings im Vordergrund (imago)
    Die jungen Musiker der dänischen Popband Lukas Graham waren mitten in einem typischen Rote-Teppich-Interview: "Wie fühlt Ihr Euch?" fragte der Reporter. Und: "Mit welchem Star würdet Ihr gerne mal auftreten?". Da schlug Sänger Lukas Forchhammer einen ernsten Ton an:
    "Gesellschaften in aller Welt sind derzeit so gespalten, nicht nur in den USA. In Europa gibt es Konflikte. Wir haben eine Flüchtlingskrise. Das macht mir große Sorgen. Wenn wir das Wort Muslime durch Juden ersetzen würden, hätten wir ein Szenario aus dem zweiten Weltkrieg. Ich werde mehr politische Songs schreiben. Mit Musik können wir Menschen zum Nachdenken bringen."
    Grammy Moderator James Corden flüchtet sich angesichts der politischen Realität schon in seiner Auftaktnummer in Galgenhumor: "Live it all up, because this is the best. And with President Trump we don’t know what comes next"
    Ein Abend voller politischer Botschaften
    Er riet den Zuschauern, den Abend besser in vollen Zügen zu genießen. Denn: Mit Präsident Trump weiß niemand, was als nächstes kommt. Es wurde ein Abend voller politischer Botschaften. Busta Rhymes, Leadsänger der Band "A Tribe Called Quest", hatte ein paar Verse für Präsident "Agent Orange" parat: "Ich möchte Präsident Agent Orange dafür danken, dass du das Böse weiter verbreitest und danke auch für deinen erfolglosen Versuch, Muslime zu verbannen. Deshalb halten wir jetzt zusammen. Wir, das Volk!"
    Jennifer Lopez war weniger direkt, doch selten erlebt man die Schauspielerin und Sängerin so politisch wie an diesem Grammy Abend: "In diesen Zeiten müssen wir unsere Stimmen mehr als je zuvor zu Gehör bringen. Wie Toni Morrison sagte: dies ist genau die Zeit, wenn Künstler sich an die Arbeit machen. Keine Zeit für Verzweiflung. Kein Platz für Selbstmitleid, Schweigen oder Angst."
    Beyoncé stoppte erst mit ihrem schwangeren Auftritt ganz in Gold zwischen einem Meer aus Rosenblättern die Show. Ihr "Lemonade" bekam wenig später den Grammy für bestes Urban Contemporary Album. Sie hatte eine klare Botschaft an die US-Gesellschaft aufgeschrieben:
    "Mir ist es wichtig, meinen Kindern Bilder zu zeigen, die ihre Schönheit widerspiegeln, dass sie in einer Welt aufwachsen, in der sie in den Nachrichten, dem Super Bowl, dem Weißen Haus und den Grammys sich selbst sehen und nicht daran zweifeln, dass sie schön, intelligent und kompetent sind. Ich will das für Kinder aller Rassen!"
    Die Grammy-Nacht im Staples Center von Los Angeles war ein weiterer Beweis dafür, dass US-Künstler ihre Plattform und ihre Talente unter der neuen US-Regierung nutzen werden, um für bedrohte Rechte zu kämpfen.
    "Resist"-Armbinde und Witze über Fake-News
    Katy Perry trug bei ihrem Auftritt eine weiße Armbinde mit dem Wort "Resist" - den Aufruf zum Widerstand. Seine rosa Buchstaben waren bis in die letzten Reihen sichtbar. Sie endete den Auftritt mit den Worten "Kein Hass!"
    Schauspielerin Laverne Cox verband ihre Ansage von Lady Gaga und Metallica mit einem Aufruf, einen transsexuellen Teenager im Kampf um seine Rechte zu unterstützen.
    Paris Jackson, Michael Jacksons Tochter, warb für Unterstützung der indigenen Völker im Kampf gegen einen Pipeline Bau durch das Gebiet der Standing Rock Sioux. Und Moderator James Corden machte Witze über die vom Weißen Haus verbreiteten und vom Präsidenten gleichzeitig verurteilten Fake-News: "Jegliche negativen Tweets über mich sind fake tweets, nicht echt. Die negativen sind gefälscht."
    Grammy-Produzent Ken Ehrlich hatte vor der Veranstaltung gesagt, es werde keine Zensur geben. Zu künstlerischer Freiheit gehöre die freie Meinungsäußerung. Davon gab es an diesem Abend reichlich.