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"Grand Budapest Hotel"
Eine Freundschaft in schwerer Zeit

"Grand Budapest Hotel" ist die Geschichte eines osteuropäischen Hotels zwischen den beiden Weltkriegen. Regisseur Wes Anderson stellt dabei eine Freundschaft zwischen dem Concierge und dem Liftboy in den Mittelpunkt seines Filmes. Er beschreibt dabei einen Kosmos, den es seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges so nicht mehr gibt.

Von Hartwig Tegeler | 05.03.2014
    Mitglieder des Filmsets von "The Grand Budapest Hotel"posieren am 06.02.2014 in Berlin beim Fototermin für den Film "The Grand Budapest Hotel". Der Streifen wird am Abend als Eröffnungsfilm der Berlinale 2014 gezeigt.
    Mitglieder des Filmsets von "The Grand Budapest Hotel" und der Regisseur Wes Anderson posieren beim Fototermin auf der 64. Berlinale. (picture alliance / dpa / Tim Brakemeier)
    Es war einmal ein Osteuropa, zwischen den Weltkriegen, in den 1930er-Jahren, vielleicht in Ungarn oder einem anderen Land. Es war die Zeit in einem Hotel, so luxuriös, so opulent. Ein ungeheuer verschlungenes Labyrinth von Gängen, Stockwerken, ja, und Möglichkeiten. Und der Herrscher über diesen Kosmos war Monsieur Gustave, uneingeschränkt. Nun, gut, das mit Zero, da musste Monsieur Gustave, der Mann mit den erlesenen Manieren und einer ungeheuren Schlitzohrigkeit ein wenig nachregeln.
    "Wer bist du? - Ich bin Zero, Sir, der neue Lobby-Boy. - Zero? Noch nie gesehen, noch nie gehört? Wer hat dich eingestellt? - Das war Mr. Mosher, Sir. - Mr. Mosher! - Ja, Monsieur Gustave. - Verstehe ich das richtig, Sie stellen heimlich diesen jungen Mann in der Position eines Lobby-Boys ein. - Er wurde für eine Probezeit verpflichtet, vorbehaltlich Ihre Zustimmung natürlich. - Möglicherweise ja. Danke, Mr. Mosher. - Immer wieder gern, Monsieur Gustave."
    Es war einmal, once upon a time, nein, nicht in "the west", sondern in "the east", Osteuropa, ein imaginierter, ein Märchenraum, wo der Concierge so sehr Dienstleister ist, dass er all die älteren weiblichen Gäste beglückt, auch Madame D, die ein äußerst wertvolles Gemälde besitzt, "Der Junge mit Apfel" oder so, und als sie stirbt, unterstellt die raffgierige Verwandtschaft Monsieur Gustave, diese Dame ermordet zu haben. Und so...

    "Verzeihung, die Polizei ist hier. Sie fragt nach Ihnen."
    … entwickelt sich in diesem skurrilen Erzählkosmos eine ziemlich…
    "Sag Ihnen, ich bin gleich da."
    … skurrile Verfolgungsjagd, in der und an der sich aber die Freundschaft zwischen Gustave - Ralph Fiennes - und Zero - der Newcomer Tony Revolori -, …
    "Du weisst, was das heisst? - Ja. - Klappe."

    "Und Sie denken, ich war es? - Halt!"
    … die im Gefängnis endet.

    "Du bist jetzt einer von uns. - Wie reizend, das zu sagen. Danke, teurer Pinky! Danke, Günther. Danke, Wolf. Sonst noch etwas?"
    Ja, höflich ist er, der Monsieur Gustave, auch im hinterletzten Knast. Und Zero, sein Gefährte, tut es ihm nach. Auch auf der Flucht aus eben diesem Gefängnis.

    "Es gibt eine Hollywood-Version von Osteuropa", sagt "Grand Budapest Hotel"-Regisseur Wes Anderson. In Filmen, die von Leuten aus Osteuropa gemacht wurden, die aus Berlin kamen oder aus Wien und in Hollywood arbeiteten. Und das war, als ob diese Regisseure die Orte, an denen sie einst lebten, neu erfanden, sich Inspiration aus Literatur und Filmen holten und neue Geschichten schufen. Und daran, meint Wes Anderson, hätte er sich wiederum bedient in seiner Version dieses fiktiven Alpenstaats der Zwischenkriegszeit.
    Stars geben sich Klinke in die Hand
    Es war einmal ein Regisseur, der machte keine Blockbuster, aber trotzdem, bei einem Wes-Anderson-Film geben sich die Stars die Klinke in die Hand, wie auch jetzt bei "Grand Budapest Hotel": Ralph Fiennes, Tilda Swinton, F. Murray Abraham, Mathieu Amalric, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Tom Wilkinson, Edward Norton, Léa Seydoux, Owen Wilson, Saoirse Ronan und natürlich, das Fundament dieser Wes-Anderson-Company, immer dabei: Bill Murray.
    Es war einmal und ist - glücklicherweise - noch immer: ein Filmemacher, der einen soghaft - im besten Fall, nicht immer, aber bei "Moonrise Kingdom" vor zwei Jahren und jetzt beim "Grand Budapest Hotel" in jedem Fall -, der einen reinzieht in einen, in seinen Kosmos. Und die Welt, die er "baut", sie ist schräg, liebevoll schräg, sehr, sehr eigen, sehr, sehr verspielt, von dieser, aber vielleicht noch mehr nicht von dieser Welt, von einer unfassbaren Zuckersüße, so süß, dass deren Künstlichkeit sich in eine ganz eigenartige Schönheit verwandelt, ein Kosmos von Märchenhaftigkeit, wo sich das Dunkle und Helle ganz, ganz eng berühren im Kichern über die Absurdität der Welt. Und wenn er nicht gestorben ist, was er natürlich nicht ist, Wes Anderson wurde 1969 geboren, hat also, wenn´s gutgeht, noch eine Menge Zeit. Wir dürfen mit ihm der Welt melancholisch entsagen, abdriften, vor allem aber staunen über das Wunderbare, das Wes Anderson zu erzählen weiß.
    Die Geschichte eines Hotels
    Und dann sitzt am Ende der alte Hotelbesitzer da, wie am Anfang, und F. Murray Abraham erzählt Jude Law - dem Schriftsteller - die Geschichte des Hotels, die von Monsieur Gustave und ihm, der einmal der junge Liftboy war, und es ist, als ob sich eine Schicht der Erzählung wie aufblättert, und noch eine und eine. Ja, "Grand Budapest Hotel" ist ein reicher Film und auch einer über die wunderbare Freundschaft zwischen dem Concierge und dem Liftboy.
    "... aber sollte mir und Monsieur Gustave etwas passieren ... "
    Die auf Biegen und Brechen, durch alle Höhen und Tiefen, ohne Wenn wie ohne Aber zueinander hielten. Bis zum ziemlich bösen Ende.