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Gravitationswellen
Drittes Signal empfangen

Im Februar 2016 hatte eine große Messanlage in den USA hatte erstmals eine Gravitationswelle aufgeschnappt und damit die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein bestätigt. Nun wurde das schon inzwischen dritte Signal empfangen. Die Forscher sind aber noch unzufrieden.

Von Frank Grotelüschen | 02.06.2017
    Simulation der Kollision von zwei Schwarzen Löchern, wie sie vom Gravitationswellen-Detekto LIGO aufgezeichnet worden ist.
    Simulation der Kollision von zwei Schwarzen Löchern, wie sie vom Gravitationswellen-Detektor LIGO aufgezeichnet worden ist. (SXS)
    Hannover, das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. Am 4. Januar 2017 ist es hier ziemlich ruhig, viele der Forscher sind noch in den Ferien. Doch Alexander Nitz sitzt schon wieder an seinem Schreibtisch, erinnert sich sein Chef Bruce Allen, einer der Direktoren des Instituts.
    "Alex Nitz war gerade damit beschäftigt, eine Software für die Datenanalyse zu testen. Er testete sie mit Messdaten von LIGO, die der Computer eigentlich als uninteressant verworfen hatte."
    LIGO – so heißen zwei Gravitationswellendetektoren in den USA, einer in Louisiana, der andere im US-Staat Washington. Jeder besteht aus zwei jeweils vier Kilometer langen Tunneln, in denen Laserstrahlen von Spiegeln hin und her reflektiert werden. Kommt eine Gravitationswelle vorbei, erzeugt durch einen kosmischen Gewaltakt irgendwo im Weltall, bringt sie die ganze Anordnung ein klein wenig ins Zittern – was sich mit Hilfe der hin- und herlaufenden Laserstrahlen nachweisen lässt. Für gewöhnlich überwacht ein Computer den Aufbau und gibt bei einem verdächtigen Zittern umgehend Alarm. Am 4. Januar aber funktioniert das System nicht richtig, in der Nacht zuvor hat jemand an den Einstellungen herumgefummelt. Doch Alex Nitz ist wachsam, erinnert sich Bruce Allen weiter.
    "Er hat sich die Daten angeschaut und erkannte darin rasch ein deutliches Signal für ein Ereignis. Für mich ein schönes Beispiel, wie die menschliche Intelligenz den Computer schlägt.”
    Zwei Schwarze Löcher verschmelzen
    Das Ereignis, das Nitz aufgestöbert hat, geschah drei Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Zwei Schwarze Löcher – das sind Sternleichen mit einer unfassbar starken Gravitation – waren kollidiert und zu einem größeren Loch verschmolzen, 50mal massereicher als unsere Sonne. Die Kollision war so gewaltig, dass sie Dellen in die Raumzeit schlug – sie hat den Raum förmlich zusammengestaucht. Diese Stauchung hat sich dann als Welle durchs All fortgepflanzt – eine Gravitationswelle, wie sie Einstein einst postuliert hatte.
    Im Februar 2016 hatte LIGO erstmals die Entdeckung einer solchen Gravitationswelle vermeldet und damit Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie bestätigt. Jetzt hat LIGO sein insgesamt drittes Signal aufgeschnappt. Und jetzt geht es den Physikern vor allem darum, neue Details über Schwarze Löcher in Erfahrung zu bringen – etwa über ihren Drehsinn, sagt Laura Cadonati, Physikerin am Georgia Institute of Technology in den USA.
    "Vor der Kollision haben sich die Schwarzen Löcher umkreist, und außerdem hat sich jedes Loch um seine eigene Achse gedreht. Wir können nun sagen, ob ihre Eigendrehung in dieselbe Richtung erfolgte wie das gegenseitige Umkreisen. Unsere Messungen deuten darauf hin, dass sie sich nicht in dieselbe Richtung drehten."
    Klingt eher wie ein Detail. Doch Cadonati und ihre Kollegen können daraus ableiten, wo die Schwarzen Löcher einst herkamen.
    Detektoren sollen noch empfindlicher werden
    "Waren sie aus einem Doppelsternsystem hervorgegangen – also aus zwei Sternen, die sich schon umkreist hatten, bevor sie zu Schwarzen Löchern wurden? Oder waren sie völlig unabhängig voneinander entstanden und hatten erst später zueinander gefunden? Unsere Messdaten sprechen für Letzteres. Und das ist ein wichtiger Hinweis bei der Frage, wie sich Schwarze Löcher überhaupt bilden."
    Ein interessantes Indiz zwar. Dennoch zeigen sich manche aus dem 1000-köpfigen LIGO-Team ein wenig enttäuscht – darunter auch Bruce Allen aus Hannover.
    "Ich hatte gehofft, dass wir mittlerweile alle zwei oder drei Wochen ein Signal beobachten würden. Doch nun ist ziemlich klar, dass wir das nicht erreichen können. Denn unsere Detektoren sind schlicht nicht so empfindlich wie erhofft."
    Um mehr Signale aus dem All aufschnappen zu können, versuchen die Forscher, die Empfindlichkeit der Detektoren Schritt für Schritt hochzuschrauben. Das aber erweist sich als schwieriger als geplant. Nun setzen die Experten auf eine längere Umbauphase, im August soll sie starten. Ende 2018 soll LIGO wieder laufen – dann mit deutlich höherer Messempfindlichkeit.