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Great Ape Heart Project
Datensammeln gegen Herzschwäche bei Affen

Jedes Jahr sterben in Zoos Schimpansen und Gorillas an Herzinfarkten. Exakte Daten, wann und wo welches Tier gestorben ist und was der Grund für den Infarkt war, gibt es kaum. Abhilfe schaffen soll das Great Ape Heart Project, das Gesundheitsdaten von Affen auf der ganzen Welt sammelt.

Von Michael Stang | 18.05.2015
    Zwei Schimpansen im Pongoland im Zoologischen Garten in Leipzig. Einer der Beiden klammert sich an die Schulter des Anderen.
    Zwei Schimpansen im Pongoland im Zoologischen Garten in Leipzig. ( imago / Meike Engels)
    2013 gab es weltweit sieben registrierte Todesfälle nach Herzattacken bei Schimpansen in Zoologischen Gärten. Für Gorillas, Bonobos und Orang-Utans gibt es kaum belastbare Zahlen. Wie hoch das Risiko einer Herzerkrankung bei allen großen Menschenaffen ist, wisse niemand, sagt Hayley Murphy vom Zoo in Atlanta:
    "Wir verfügen kaum über Daten der letzten 30 Jahre. Das wollen wir ändern. Wir wissen, dass die großen Menschenaffen an Herzerkrankungen leiden, aber mehr wissen wir nicht. Wir haben keine Ahnung, wie wir diese Erkrankungen früh diagnostizieren können, wie man sie behandelt, weshalb sie auftreten. Ist es etwas, was nur in Gefangenschaft vorkommt, etwa nur in Nord- oder Südamerika?"
    Daten aus 65 Staaten eingepflegt
    Die Tierärztin hatte zwar schon seit einigen Jahre die Daten von Gorillas in Nordamerika gesammelt und eine Kollegin in Milwaukee die von Bonobos, jedoch waren das nur Teilprojekte und die Daten spärlich. Um Abhilfe zu schaffen, gründete Hayley Murphy 2010 das "Great Ape Heart Project". Dessen Ziel ist das Sammeln von Gesundheitsdaten aller großen Menschenaffen, um Herzerkrankungen frühzeitig zu erkennen, zu verstehen und vielleicht auch zu behandeln.
    "Dabei merkten wir schnell, dass wir viel mehr Daten brauchen, um Schlussfolgerungen ziehen zu können, also Daten von anderen Populationen, etwa aus Südamerika, Europa und natürlich auch Daten von wild lebenden Tieren. Dann war auch klar, dass wir eine richtige Datenbank benötigen, weil wir nicht mehr wussten, wie wir die ganzen Informationen verarbeiten sollen."
    Mittlerweile wurden Daten aus 65 Staaten eingepflegt, darunter auch einige von frei lebenden Tieren. Zwar sind die Einträge von Orang-Utans und Bonobos mit je unter 50 noch gering, aber Schimpansendaten liegen bei mehr als 400, Gorillas sogar bei über 450 Einträgen. Richtig in Schwung kommen soll das Projekt in den kommenden Monaten, denn Hayley Murphy konnte Victoria Strong für eine Kooperation gewinnen, die das europäische Ape Heart Project in Nottingham managt. Der Zusammenschluss soll eine einzigartige Datenbank ermöglichen, so die Britin:
    "Bei einem Neueintrag brauchen wir mindestens die Basisdaten, also Ultraschall, Herzfrequenz, Blutdruck, EKG, falls vorhanden auch genetische Daten, zudem Körpergewicht, andere Erkrankungen, die bisher eingesetzten Betäubungsmittel, letztendlich alles, was für einen aktuellen oder eventuellen späteren Krankheitsverlauf relevant sein könnte."
    Protokoll für Todesfälle in Zoos
    Die Institutionen wollen umfassend Erkenntnisse sammeln, damit Zootierärzte Krankheitsbilder besser verstehen. Langfristig sei es möglich, etwa die Durchschnittswerte eines zehn Jahre alten männlichen Gorillas nachzusehen. Für das Great Ape Heart Project arbeiten nicht nur Tierärzte, sondern auch Ernährungsexperten, Pathologen, Tierpfleger, Genetiker und Verhaltensforscher. Die Datenbank soll eine Expertise liefern und beraten, damit auch kleinen Wildparks geholfen wird, die nur wenige Tiere haben und kaum über Erfahrung im Bereich Herzkrankheiten bei Menschenaffen verfügen. Wichtig sei auch das Melden von erkrankten oder gestorben Tieren, so Victoria Strong:
    "Für Europa erarbeiten wir gerade ein Protokoll, was Zoos machen sollen, wenn sie einen Todesfall bei einem Menschenaffen hatten. Darin bitten wir die Tierärzte, dass sie das Herz untersuchen und entnehmen. Das Organ soll dann in Formalin eingelegt und zu uns nach Nottingham geschickt werden, damit wir dann dort die detaillierte Untersuchung vornehmen können."
    Beide seien sie optimistisch, so Victoria Strong und Hayley Murphy, dass sie langfristig die Mehrheit aller Zoos sowie Forscher von frei lebenden Menschenaffen für ihr Projekt gewinnen können. Das Ziel sei natürlich das Maximum.