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Great Barrier Reef
Mit dem Killerroboter gegen Seesterne

Der Zustand des Great Barrier Reefs im Nordosten Australiens ist schlecht. Klimawandel und Ozeanversauerung setzen ihm zu und nun macht ihm auch noch eine Invasion von Seesternen zu schaffen. Australische Forscher haben jetzt in Hamburg einen Unterwasserroboter vorgestellt, der die Seesterne aufspürt und ihnen den Garaus bereitet.

Von Frank Grotelüschen | 30.09.2015
    Luftaufnahme des Great Barrier Reef.
    Luftaufnahme des Great Barrier Reef. (imago/Oceanphoto)
    Das Great Barrier Reef in Australien. Bizarr geformte Korallen, exotische Meerespflanzen, farbenprächtige Fische – eine einzigartige Unterwasser-Welt. Doch eine Spezies gehört hier nicht hin, jedenfalls nicht in diesen Mengen: Der Dornenkronen-Seestern, tellergroß, bis zu 23 Arme, übersät mit Giftstacheln – und ziemlich gefräßig.
    "Zwar kommen diese Tiere im Riff natürlicherweise vor. Doch die Landwirtschaft leitet so viel Dünger ins Meer, dass dadurch die Zahl der Seesterne explodiert ist - heute findet man bis zu 300 Exemplare pro Hektar. Das Problem: Diese Seesterne fressen die Korallen, und dadurch droht ein unwiederbringlicher Verlust der Bestände."
    Sagt Matthew Dunbabin von der Technischen Universität Queensland im australischen Brisbane. Bislang bekämpfen Taucher die Übeltäter: Sie schwimmen von Korallenstock zu Korallenstock, halten nach den Seesternen Ausschau und töten sie per Giftspritze. Nur: Taucheinsätze sind teuer und bei Nacht und bei Schlechtwetter schlicht nicht möglich.
    Unter Wasser gibt es keinen Funkkontakt
    "Deshalb wollen wir die Taucher durch einen Roboter unterstützen. Dieser Roboter ist 1,30 Meter lang und hat die Form eines Torpedos. Er hat ein Art Stachel an Bord, der sich per Luftdruck ausfahren lässt und ein Gift in den Seestern injiziert."
    Forscher setzen einen gelben länglichen Roboter ins Wasser,
    Forscher lassen den Roboter ins Wasser, der die Seesterne aufspürt (Queensland University of Technology)
    Das Gift ist ein Salz, das anderen maritimen Lebensbewohnern nicht schadet, sagt Dunbabin. Als sein Team den Seestern-Killer konstruierte, galt es gleich mehrere Herausforderungen zu meistern. Zum Beispiel: Wie kann er sich sicher durch das Korallen-Labyrinth manövrieren, und zwar auch bei starken Meeresströmungen?
    "Um mit den Strömungen fertig zu werden, hat unser Roboter fünf starke Elektromotoren an Bord. Und um sich zwischen den Korallen zurechtzufinden, ist er mit Sonar-Systemen bestückt. Sie tasten ihre Umgebung mit Ultraschall ab und messen die Geschwindigkeit sowie die Abstände zum Meeresgrund und zu Hindernissen."
    Das alles muss der Roboter autonom erledigen. Denn unter Wasser gibt es keinen Funkkontakt, man kann ihn also nicht fernsteuern. Ein weiteres Problem: Wie kann der Roboter die Seesterne in der farben- und formenprächtigen Korallenriff-Kulisse überhaupt aufspüren?
    Seestern-Dummy aus dem 3D-Drucker
    "Der Roboter identifiziert die Tiere mithilfe eines intelligenten Bilderkennungssystems. Dieses System haben wir trainiert, und zwar mit 30.000 Bildern, auf denen die Seesterne unter den unterschiedlichsten Bedingungen zu sehen sind. Ist der Roboter dann unter Wasser, muss er selber entscheiden, ob er einen Seestern vor sich hat, in den er das Gift injizieren soll. Gibt es Zweifel, nimmt er lediglich ein Bild auf, und später entscheidet dann ein Mensch, ob das ein Seestern war oder nicht. Damit setzen wir das Training fort, und der Roboter sollte beim Aufspüren der Seesterne immer besser werden."
    Getestet hat Dunbabin den Roboter bereits, etwa in einem Wasserbecken, auf dessen Boden ein Poster mit einer Korallenlandschaft geklebt war. Auch das mit der Giftspritze wurde schon geübt, und zwar an einem Seestern-Dummy aus dem 3D-Drucker. Erste Feldtests im Great Barrier Reef sind für Dezember geplant. Sollte sich die Technik dann bewähren – wie groß müsste eine Killerflotte sein, die ernsthaft etwas gegen die Seestern-Invasion ausrichten könnte?
    "Das ist die Frage. Denn bislang weiß man noch nicht so recht, wo überall im Riff sich die Seesterne breitgemacht haben. Erst wenn wir das wissen, können wir sagen, ob man bereits mit zehn Robotern etwas ausrichten kann, oder ob es 100 sein müssen.
    Nur: Komplett auf Taucher verzichten wird man wohl nicht können, meint Dunbabin. Denn die Roboter dürften maximal 80 Prozent der Seesterne erwischen. Der Rest ist zu schlecht zu erkennen oder zu schwer mit dem mechanischen Giftstachel zu erreichen. Und um diesen Rest wird sich dann doch der Mensch kümmern müssen.