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Green Britannia

Großbritannien will sich auf der UN-Konferenz in Doha als Vorreiter im Klimaschutz präsentieren. Selbstbewusst nennt Premierminister Cameron sein Kabinett die "grünste britische Regierung aller Zeiten". Dieses Versprechen will er nun mit einem neuen Energiegesetz einlösen. Die Umweltschützer auf der Insel sind von den Plänen mäßig begeistert.

Von Jochen Spengler | 26.11.2012
    Umweltschützer wie Joss Garman von Greenpeace UK sind enttäuscht. Die Regierungskoalition aus Konservativen und Liberaldemokraten will sich in ihrem neuen Energiegesetz nicht auf ein CO2-Reduktionsziel für das Jahr 2030 festlegen:

    "Das Problem ist, dass nun eine große Unsicherheit bleibt, weil die wichtige Entscheidung, ob es 2030 ein Ziel für die Verminderung von CO2-Emmissionen für Kraftwerke gibt, auf die Zeit nach der Wahl verschoben wurde. Deswegen ist es für Investoren unklar, ob die Regierung es wirklich ernst meint mit der grünen Energie."

    Über ein Reduktionsziel für 2030 nun frühestens im Jahr 2016 zu entscheiden, macht es tatsächlich fraglich, ob das ehrgeizige Klimaziel der Regierung für 2050 überhaupt erreicht werden kann. Bis dahin sollen die CO2-Emissionen um 80 Prozent vermindert haben, hat Premierminister David Cameron versprochen, der sich selbst das Etikett "grünste britische Regierung aller Zeiten" angeklebt hat. Zu wenig, zu spät, kritisiert Caroline Lucas, einzige Abgeordente der Grünen im Parlament.

    "Worauf jeder gehofft hatte, die Koalitionsparteien, die Opposition, die Wirtschaft – das war eben ein wirklich klares Ziel für 2030, um wieviel der Kohlendioxid-Ausstoß der Energiesektor gesenkt werden muss. Das hätte den Investoren die Sicherheit gegeben, vertrauensvoll auf grüne Energie zu setzen und das fehlt eben."

    Ein ehrgeiziges 2030er-Ziel hätte bedeutet, dass bis dahin das System nahezu vollständig auf CO2-neutrale Energiearten hätte umgerüstet sein müssen. Dagegen war insbesondere der konservative Finanzminister George Osborne, der fürchtete, die alternativen Energien könnten zu teuer werden. Er setzte sich durch gegen den liberalen Energieminister Ed Davie und der preist nun auch die Option neuer Gaskraftwerke und insbesondere die Erschließung von Shale-Gas, dem sogenannten Schiefergas.

    "Ich und der Schatzkanzler sind überzeugt, dass Schiefergas für Großbritannien eine Chance darstellt."
    In den nächsten Wochen werde er entscheiden, ob die umstrittenen Probebohrungen fortgesetzt werden können, kündigt Davie an und man rechnet mit grünem Licht.

    "Ich glaube nicht, dass man entscheiden muss: Gas oder erneuerbare Energien. Ich glaube man braucht beide und sie ergänzen sich. Der Wind bläst eben nicht immer und die Sonne scheint auch nicht immer, also braucht man auch andere Energieformen – der Energiemix ist das, was wichtig ist."

    Insgesamt will das Vereinigte Königreich in den nächsten sechs Jahren für "green energy" die Ausgaben auf fast zehn Milliarden Euro pro Jahr verdreifachen. Dazu zählen allerdings auch die Investitionen in Atomkraft, die hierzulande als saubere Energie gilt. Eine Entscheidung des französischen Stromriesen EDF über den Bau des ersten AKW seit Jahrzehnten in Großbritannien wird in Kürze erwartet. Bezahlen müssen die Investitionen die Verbraucher. Ihre Energiekosten die sich auf derzeit durchschnittlich 1600 Euro im Jahr belaufen, werden sich um weitere 120 Euro erhöhen.