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Green Economy kann sich rechnen

Das Worldwatch Institut fordert ein Umsteuern der Wirtschaft hin zu einer grünen Ökonomie. Dazu gehöre die Berücksichtigung von Umweltschäden bei der Besteuerung von Produkten, die Sicherung von Wasser, Energie und guten Böden ebenso wie die Förderung von demokratischen Strukturen.

Von Andreas Baum | 15.05.2012
    Der Bericht des Worldwatch Institutes versucht der Frage auf den Grund zu gehen, was nachhaltige Entwicklung in der praktischen Umsetzung bedeuten soll. Denn einerseits zerstört die Konsumgesellschaft die Ressourcen der Erde, oft zum Schaden der Menschen, die an diesem Konsum nicht teilhaben können. Andererseits gibt es den berechtigten Wunsch auf der ganzen Welt, am Wohlstand teilzuhaben, den die sogenannte Erste Welt kennt.

    Michael Renner, Projektleiter des Berichts, plädiert für einen Umbau der Weltwirtschaft hin zu einer grünen Ökonomie – und die Vorstellung vom guten Leben neu zu definieren. Diese grüne Ökonomie funktioniert nur, wenn sie zwar geregelt, nicht aber überreguliert ist. Und zur Green Economy gehört mehr als ökologische Nachhaltigkeit, auch Fragen der Arbeitsschutzes und der Arbeitnehmerrechte gehören Michael Renner zufolge dazu.

    "Grünes Wirtschaften, die sogenannte Green Economy im Englischen, wird für die Menschen nur attraktiv sein, wenn sie sich davon auch gute und einigermaßen sichere Arbeitsplätze versprechen können. In wichtigen Wirtschaftssparten wie Energie, Verkehr, Bauwesen, Abfallwirtschaft, Recycling, sehen wir schon heute Anzeichen für ein gewaltiges Arbeitsplatzpotenzial in einer nachhaltigen Wirtschaft."

    Grüne Wirtschaft kann sich rechnen, so der Befund, für Arbeitnehmer und Unternehmer – und für die Umwelt. Allerdings sind ideologische Vorgaben, wie sie auch aus europäischen Ländern kommen, nicht immer hilfreich. Weder die gedankenlose Fixierung auf einen Wachstumsbegriff macht Sinn, noch die Vorstellung, dass die Menschen sich Marktgesetzen unterzuordnen hätten.

    "Wir müssen den Weg von einer marktkonformen Demokratie, wie sie zum Teil genannt wird, zu einem demokratie- und umweltkonformem Markt."

    Der Begriff der Marktkonformen Demokratie wird Bundeskanzlerin Angela Merkel zugeschrieben: Trotz freundlicher Worte wird sie der UN-Konferenz in Rio de Janeiro nicht dabei sein. Die Forschungsministerin in ihrem Kabinett, Annette Schavan, macht die Haltung der Bundesregierung deutlich: Ohne ein stabiles wirtschaftliches Wachstum müssen alle Träume von einer grünen Ökonomie Theorie bleiben.

    "Es ist nicht sinnvoll, Menschen zu sagen, schnallt den Gürtel enger, und es ist auch nicht sinnvoll zu sagen, wie wird am ehesten Wachstum abgebaut' Sondern die frage ist, was tun wir dass die Maßnahmen, von denen wir überzeugt sind sie sind wichtig für nachhaltige Entwicklung, auch profitabel werden."

    Renate Künast, Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, ist naturgemäß anderer Ansicht: Dem wirtschaftlichen Wachstum Grenzen setzen, ist ihre Maxime, und auf keinen Fall dürfen die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden: der Weg zu wirtschaftlichem Wohlstand für alle, wie er in der sogenannten ersten Welt vorgemacht wurde, führt global in Sackgasse.

    "Ich glaube, wir werden nicht damit hinkommen, hier und da nur den deutschen Ingenieursverstand anzuregen, um ein bisschen Entwicklung zu haben, weil dahinter steht der sogenannte Rebound-Effekt. Da wird der Kühlschrank, oder vielleicht das Handy, ein bisschen effizienter im Umgang mit Energie, aber bei Kühlschrank und Smartphone entdecken wir plötzlich, dass die Menschen sich mehr und größeres davon kaufen."

    Die Autoren der Studie plädieren für eine Misch-Strategie: Umweltschäden sollen bei der Besteuerung von Produkten berücksichtigt werden, lebenswichtige Funktionen wie Wasser, Energie und gute Böden müssen gesichert werden, aber ebenso wichtig ist die Förderung von demokratischen Strukturen weltweit.