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Greenpeace kritisiert Pflanzenschutzmittel Glyphosat

Bislang war der Widerstand gegen gentechnisch veränderte Pflanzen innerhalb der EU groß. Wenn es nach der Mehrheit der EU-Kommission geht, stehen mehrere Genmaissorten aber kurz vor der Zulassung. Das ruft Kritik hervor, nicht nur am Saatgut, sondern auch am Pflanzenschutzmittel Glyphosat, das als Begleitprodukt eingesetzt wird.

Von Dieter Nürnberger | 24.10.2012
    Der Anlass, warum Greenpeace derzeit gegen einen verstärkten Einsatz des in Pflanzenschutzmitteln eingesetzten Wirkstoffs Glyphosat trommelt, ist eine US-amerikanische Studie, wonach sich dort gravierende Veränderungen in einzelnen Anbaugebieten ergeben haben. Betroffen sind vor allem Äcker auf denen Gen-Mais und auch Gen-Soja angebaut werden.

    Agrochemie- und Saatgutkonzerne hätten hier einst recht vollmundige Versprechen abgegeben. Es wurden Glyphosat-basierende Herbizide angepriesen, die eigentlich nur Unkraut vernichten, Mais oder Soja aber nichts anhaben sollten. Doch nach Jahren des Einsatzes stellt sich nun eine andere Realität dar, sagt Dirk Zimmermann, Experte für nachhaltige Landwirtschaft bei Greenpeace.

    "Wir haben in den USA weite Teile des Landes, wo die Felder sozusagen mit Glyphosat-resistenten Pflanzen infiziert sind. Der Wirkstoff funktioniert nicht mehr. Man muss zu gesteigerten Dosierungen von Glyphosat greifen. Oder auch zu ganz anderen Mitteln, um dem Unkraut überhaupt noch Herr zu werden."

    Und so sei aus einer anfangs für die Landwirte komfortablen und auch preiswerten Anbausituation eine Art Teufelskreislauf geworden. Mehr Kosten, ein erhöhter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln etc. Greenpeace warnt deshalb davor, dass sich diese Erfahrungen in Europa wiederholen könnten, wenn denn vermehrt gentechnisch veränderte Kulturen und entsprechende Herbizide eingesetzt würden. Langfristige Verlierer seien die Landwirte, sagt Dirk Zimmermann.

    Es gibt natürlich trotzdem einen Gewinner – und das ist die Agrochemieindustrie. Gerade in dem Moment, wo das System gegen die Wand fährt, verkauft die Industrie noch mehr Chemikalien, sie entwickelt neue Scheinlösungen, die sie teuer verkaufen kann. Sie sichert sich damit den Markt.

    Doch auch der Wirkstoff Glyphosat ist für die Umweltorganisation Anlass zur Kritik. Auch in Deutschland würden derzeit auf 40 Prozent der Ackerflächen mindestens einmal im Jahr entsprechende Pflanzenschutzmittel eingesetzt.

    Der Wirkstoff gilt derzeit aber auch als nicht per se bedenklich. Wir haben beim Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin nachgefragt. Eine gesundheitliche Gefährdung gebe es nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht, sagt Rudolf Pfeil, er ist zuständig für Chemikaliensicherheit.

    "Glyphosat ist einer der am besten untersuchten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe die es gibt. Wenn die Grenzwerte eingehalten werden – jene zum einen für den Anwenderschutz und auch jene für den Schutz des Verbrauchers – dann sind schädliche Wirkungen beim Menschen überhaupt nicht zu erwarten."

    Allerdings befürchtet Greenpeace aufgrund der US-amerikanischen Erfahrungen eine deutliche Zunahme des Einsatzes von Glyphosat auf den Äckern. Der Experte des Bundesinstituts für Risikobewertung äußert sich für ein solches Szenario wie folgt.

    "Das würde, was die gesundheitsschädlichen Eigenschaften angeht, nicht zu neuen Untersuchungen führen müssen. Weil die Eigenschaften von Glyphosat gleich bleiben. Was allerdings ein Problem werden könnte: Wenn Glyphosat in größeren Mengen angewendet wird, dann wird der Eintrag in die Umwelt ebenfalls steigen. Und das könnte möglicherweise zu höheren Rückständen im Grundwasser und auch in den Ernteprodukten führen."

    Eine Überschreitung der geltenden strengen Grenzwerte – beispielsweise für den Eintrag in das Grundwasser – sei bislang aber noch nicht dokumentiert worden, sagt Rudolf Pfeil.

    Greenpeace Experte Dirk Zimmermann bleibt dabei: Die Umweltorganisation lehnt eine generelle Ausweitung des Herbizid-Einsatzes in der Landwirtschaft ab.