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Greenpeace-Studie
Frankreichs Atomstrom wird teuer

In der nächsten Woche wird die französische Umweltministerin Ségolène Royal den Gesetzentwurf für die neue französische Energiepolitik vorstellen. Mit ihm soll endlich die versprochene Energiewende des sozialistischen Staatspräsidenten Hollande umgesetzt werden, der vor gut zwei Jahren einen neuen Energiemix versprach.

Von Suzanne Krause | 13.06.2014
    Ein Bauarbeiter, von hinten zu sehen, geht einen langen, runden, betonierten Gang entlang. An dessen Wänden verlaufen Rohre und Kabel.
    Dass die Produktionskosten für Atomenergie in Frankreich aus dem Ruder laufen, ist schon lange bekannt. (dpa/picture alliance//ncy)
    Billiger Atomstrom - das war einmal, sagt Cyrille Cormier, bei Greenpeace Frankreich zuständig für Energiefragen.
    "Unsere Studie deckt auf: Atomstrom wird in Zukunft extrem teuer werden. Bald liegen die Produktionskosten pro Megawattstunde Strom aus Atommeilern bei 133 Euro, derzeit sind es um die 60 Euro. Vor drei Jahren noch beliefen sich die Produktionskosten auf 50 Euro pro Megawattstunde. Die Produktionskosten für grünen Strom hingegen betragen heute nur noch 60 Euro bei den leistungsstärksten Windkraftanlagen und sie werden in den kommenden Jahre weiter sinken."
    Atomaufsichtsbehörde entscheidet über Laufzeitverlängerung
    Die steigenden Kosten der Stromproduktion aus Kernkraft resultieren aus dem Überaltern des einheimischen Atomparks. Zwischen 2017 und 2027 werden mehr als zwei Drittel der Anlagen das Ende der ursprünglich vorgesehenen Laufzeit von 40 Jahren erreichen. Der Betreiber, EDF, bemüht sich um Verlängerung, um weitere zwanzig Jahre. Darüber hat die staatliche Atomaufsichtsbehörde ASN zu entscheiden. Deren Präsident Pierre-Franck Chevet stellte zu Jahresbeginn klar:
    "Sollte die Betriebszeit alter Anlagen verlängert werden, schauen wir natürlich darauf, sie sicherheitstechnisch an die Standards der neuen, dritten Reaktorgeneration anzugleichen.„
    Die entsprechende Nachrüstung beziffert EDF mit einer Milliarde Euro pro Meiler. Man müsse wohl eher mit dem vierfachen Preis rechnen, sagt hingegen der unabhängige Energieexperte Yves Marignac, der im vergangenen Februar für Greenpeace einen Bericht zu den Kosten einer eventuellen Laufzeitverlängerung des Atomparks erstellte. Dessen Ergebnisse flossen ebenso in die aktuelle Studie der Umweltorganisation ein wie auch die Arbeit eines renommierten Wirtschaftsexperten. Der errechnete nun erstmals genaue Zahlen betreffs der realen Produktionskosten pro Megawattstunde Strom.
    Weitere Kostenexplosion absehbar
    Dass die Produktionskosten im Atompark aus dem Ruder laufen, hatte auch der staatliche Rechnungshof schon Ende Mai bekannt gegeben: zwischen 2010 und 2013 seien sie um 21 Prozent hochgeschnellt. Und eine weitere Kostenexplosion sei absehbar. EDF setzt einige Hoffnungen in die dritte Generation der Kernkraftwerke, den EPR. Doch laut Greenpeace werden selbst dessen Stromproduktionskosten bei 95 Euro pro Megawattstunde liegen.
    Frankreichs Atomstrom verliert massiv an Wettbewerbsfähigkeit, heißt es auch im Bericht, den eine parlamentarische Enquete-Kommission gerade veröffentlichte. Ein halbes Jahr lang haben Abgeordnete unterschiedlichster Couleur an dieser Schützenhilfe für die künftige nationale Energiepolitik gearbeitet. Vergangenen Dienstag in der Nationalversammlung wandte sich Denis Beaupin, grüner Abgeordneter und Berichterstatter der Enquete-Kommission, ausdrücklich an Umweltministerin Royal:
    "Bis 2033 kommen auf den aktuellen Atompark Investitionskosten von 110 Milliarden Euro zu. Der Präsident des Atomkonzerns AREVA gibt selbst zu, dass die Rentabilität des Atomzweigs abbröckelt."
    Auf Ausbau Erneuerbarer Energien setzen
    Es sei ökologisch und ökonomisch notwendig, den Anteil des Atomstroms zurückzufahren und auf Energiesparen und den Ausbau Erneuerbarer Energiequellen zu setzen, resümierte Denis Beaupin die Überzeugung der Enquete-Kommission. Ein Appell, der bei Umweltministerin Ségolène Royal sichtlich Wirkung zeigte:
    "Es ist tatsächlich sehr wichtig, die Produktionskosten der unterschiedlichen Stromquellen miteinander zu vergleichen, um die Regierung und das Parlament zu erhellen. Denn letztendlich sind es ja alle Franzosen, die mittels ihrer Stromrechnungen unsere energiepolitische Wahl bezahlen."