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Greenpeace: Verbrauchern droht Strompreiserhöhung

Energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, müssen sich nicht an der sogenannten EEG-Umlage beteiligen. Letztendlich wird dieser Strompreisrabatt von allen anderen Verbrauchern getragen. Eine Studie des Öko-Instituts erörtert nun, dass zu viele Konzerne von dieser Befreiung profitieren.

Von André Zantow | 01.07.2013
    Greenpeace mischt sich in den Wahlkampf ein und widerspricht Bundesumweltminister Altmaier. Der hatte vor drei Wochen seinen Länderkollegen noch erklärt – ohne seine sogenannte "Strompreisbremse", müssten die Verbraucher im kommenden Jahr erneut mehr für Strom zahlen, weil sich die EEG-Umlage von derzeit 5,3 Cent – auf über sechs Cent erhöhen werde.
    Andree Böhling von Greenpeace sieht diesen Automatismus nicht.

    "Worum es hier geht, ist, dass wir genauer hinschauen und nicht denen glauben so einfach, dass Ökostrom teurer wird und deswegen die Strompreise steigen. Das ist eben nicht so. Strom aus erneuerbaren Energien wird immer billiger. Und hat auch preissenkende Effekte und die werden leider bislang nicht wirklich weiter gegeben."

    In der Tat sind die Erzeugungskosten für Ökostrom stark gesunken in den vergangenen Jahren. Und auch der Strompreis an der Börse sinkt – aus drei Gründen, erklärt Felix Matthes vom Öko-Institut.

    "Der Hauptgrund ist die Krise des europäischen Emissionshandelssystems. Wenn die Preise für CO2 sinken, sehen wir das an der Börse. Der zweite Grund sind die sinkenden Steinkohlepreise auf dem Weltmarkt, die auch an der Strombörse wirken. Und drittens bewirken natürlich auch die erneuerbaren Energien ein Absinken des Strompreises an der Börse. Das heißt, wir haben drei Faktoren, die ungefähr in gleichen Beiträgen dazu beitragen, dass der Strompreis an der Börse um einen Cent gesunken ist."

    Der Strompreis an der Börse sinkt auf vier bis fünf Cent, die Erneuerbaren werden immer effizienter und gleichzeitig müssen die Privatkunden mehr zahlen. Wie passt das zusammen?

    Greenpeace hat dazu eine Studie beim Öko-Institut in Auftrag gegeben. Diese kommt zum Ergebnis, dass die Bundesregierung an zwei Hebeln ansetzen müsse, um die Stromkosten für Privathaushalte zu senken.

    "Das ist zum einen die ungerechte Verteilung der Kosten. Hier müsste die Industrie viel stärker in die Verantwortung gezogen werden. Und das andere ist eine ungerechte Besteuerung von Strom aus erneuerbaren Energien gegenüber Atom- und Kohlestrom."

    Andree Böhling von Greenpeace schlägt vor, Ökostrom von der Stromsteuer zu entlasten oder ganz zu befreien. Das würde die EEG-Umlage um 0,8 Cent senken.
    Der zweite Hebel betrifft die Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Sie müssen die Umlage für Strom aus Erneuerbaren nicht zahlen. Es gebe aber zu viele Befreiungen, meint, Greenpeace. Über 2000 Firmen seien schon befreit. Diese Zahl müsse sinken.

    "Das wird auf jeden Fall eine deutlich geringere Zahl sein. Von vielleicht 100 Unternehmen oder so, die wirklich im internationalen Wettbewerb stehen und von hohen Energiekosten betroffen würden."

    Wenn mehr Unternehmen, die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zahlen würden – könnte diese um 1,6 Cent pro Kilowatt-Stunde sinken, rechnet Greenpeace vor. Das mache mit den 0,8 Cent aus der möglichen Stromsteuerbefreiung – eine EEG-Umlage, die um 2,4 Cent geringer sei als heute.

    "Das heißt für einen durchschnittlichen Privathaushalt eine Absenkung um 100 Euro pro Jahr."

    Neben den Möglichkeiten der Bundesregierung gibt es laut Öko-Institut noch ein anderes Problem, warum die Strompreise immer weiter steigen. Felix Matthes sieht die Energieversorger in der Pflicht, die niedrigen Börsenstrompreise weiter zu geben. Noch gebe es hier zu wenig Wettbewerb, weil die Hälfte aller Verbraucher ihren Anbieter noch nie gewechselt habe.

    "Heute kann jeder Kunde mehr Geld sparen durch den Anbieterwechsel, als er durch die EEG-Umlage ausgibt. Zweitens, wenn das aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert, hat die Bundesregierung im Energiewirtschaftsgesetz die Möglichkeit zu verordnen, dass zu mindestens für die nichtwechselfähigen oder die nichtwechselbereiten Kunden die sinkenden Großhandelspreise auch weiter gegeben werden müssen."

    Wie stark die EEG-Umlage im kommenden Jahr steigen wird, will Bundesumweltminister Altmaier im August bekannt geben. Greenpeace und das Öko-Institut rechnen mit einem Anstieg auf 6,1 Cent pro Kilowattstunde, wenn ihre Vorschläge kein Gehör finden.