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Grenze zu Österreich
Bayern baut Kontrollen aus

Seit 2015 werden Deutschlands Grenzen wieder kontrolliert, vor allem zwischen Österreich und Bayern - trotz Schengen-Abkommen. Das Land will neben den stationären und mobilen Grenzkontrollen jetzt vor allem die Schleierfahndung ausbauen. Dazu werden vorerst 500 zusätzliche Beamte eingesetzt.

Von Susanne Lettenbauer | 25.05.2018
    Bundespolizisten bei Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze
    Bundespolizisten bei Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze (dpa / picture-alliance / Revierfoto)
    Es wirkt wie ein Déjà-vu. Wieder steht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann stolz an einer Grenzkontrollstation, Bundespolizisten erklären, wie genau die Kontrollen funktionieren. Journalisten laufen um die wachhabenden Beamten herum. Rainer Scharf von der Bundespolizei Rosenheim:
    "Wir sind ganz gut aufgestellt hier an der Kontrollstelle. Wir haben hier Fingerabdruckscanner direkt vor Ort, um die Fingerabdrücke direkt mit dem polizeilichen Bestand abzugleichen. Wir haben gerade heute zwei Personen aus dem Irak, denen jetzt Asylmissbrauch vorgeworfen wird. Das konnten wir direkt an der Kontrollstelle feststellen. Wir haben auch mobile Kontrollstellen draußen im Grenzraum, also nicht nur hier auf der A93, sondern auch auf den Nebenstraßen."
    Megastaus an den Wochenenden
    Seit fast drei Jahren lädt der Freistaat in regelmäßigen Abständen die Presse zum Lokalaugenschein an die Grenze ein. Das Innenministerium zeigt sich immer sehr zufrieden mit der Arbeit der Bundespolizei. Gerade sind Beamte aus Bad-Bergzabern / Rheinland-Pfalz im Dienst. Ihnen zur Seite stehen bayerische Landespolizisten, lange eine Forderung der Staatsregierung und seit Dezember 2016 Normalität. Fast gleichbleibend kommen derzeit pro Monat rund 1.000 Migranten, die Zahlen sind etwas rückläufig. Die gerade erst verlängerten Grenzkontrollen einzustellen, kommt für Bayerns Innenminister trotzdem nicht in Frage:
    "Das Bundesinnenministerium hat entschieden, die Binnengrenzkontrollen auch über den 12. Mai 2018 hinaus fortzuführen. Das war uns vonseiten der bayerischen Staatsregierung auch ein großes Anliegen, das ist auch eine Forderung, die der bayerische Landtag mehrheitlich so erhoben hat."
    Wichtig seien die Grenzkontrollen nicht nur zur Bekämpfung von illegaler Migration, sondern auch zur Bekämpfung von Kriminalität, Einbruchsdiebstahl und Drogenschmuggel, so Herrmann.
    500 zusätzliche Beamte zur Schleierfahndung
    Bayern will neben den stationären und mobilen Grenzkontrollen vor allem die Schleierfahndung ausbauen, d. h. ab 30 Kilometern hinter der Grenze ist die Bayerische Landespolizei befugt, jedes Auto zu kontrollieren. Das müsste jedes Bundesland einführen, wiederholt Herrmann eine Forderung, die seit Jahren in Berlin abgelehnt wurde, jetzt aber mit dem neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer aber neuen Schub bekommt. Sogar die EU plane jetzt, alle Länder anzuhalten, ebenfalls eine Schleierfahndung aufzubauen, nach dem Vorbild Bayerns, so Stephan Mayer, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Und das erwarte man auch in Berlin:
    "Es gab ja, insbesondere in der EU-Kommission und auch in manchen EU-Ländern zunächst Kritiker gegenüber dem Instrument der Schleierfahndung. Diese Kritiker sind deutlich geringer geworden, weil sich dieses Instrument in der Praxis in besonderer Weise bewährt hat. Auch hier gilt der Appell, auch in Richtung der EU-Kommission, es durchaus verpflichtend auch gegenüber anderen EU-Ländern vorzuschreiben."
    Mit der neuen Bayerischen Grenzpolizei, die ab dem 1. Juli ihre Arbeit aufnehmen soll, werden vorerst 500 zusätzliche Beamte zur Schleierfahndung eingesetzt. Während Bayerns Innenminister Herrmann die Notwendigkeit der Grenzkontrollen trotz Schengen immer wieder betont, verlagern die Schleuser ihre Routen viel weiter nach Osten. Die tschechische Grenze gilt derzeit als Hotspot für einen erfolgreichen illegalen Grenzübertritt. Innenpolitiker Mayer:
    Aufgriffe nehmen zu
    "Der Migrationsdruck auch über die deutsch-tschechische Grenze nimmt zu. Wie hatten im letzten Jahr durch die Bundespolizei aufgegriffene, illegal Eingereiste 4035. Und die Entwicklung in diesem Jahr ist eindeutig die, dass die Aufgriffe zunehmen."
    Dies und jenseits der deutsch-österreichischen Grenze sieht man die Grenzkontrollen mittlerweile gelassen. Trotz Megastaus an den Wochenenden wollen die wenigsten eine Aufhebung der Grenzstation:
    "Also ich finde das gut, dass sie das alles unter Kontrolle haben."
    "Dass ist schon viel hier der Verkehr. Aber das war doch vorher auch schon so, als das noch nicht war, da gab es das auch."
    "Ja, also irgendwie ist das schon richtig, wenn man kontrolliert, da könnte ja sonst jeder durchfahren."
    "Ja, ich finde das gut. Ich finde es gut, weil sie ja immer wieder jemanden rausfischen, so Illegale, also das können sie ohne Weiteres lassen."
    "Einerseits finde ich es gut, dass kontrolliert wird, aber andererseits ist es ja Wahnsinn mit dem Urlauberstau und -verkehr zu den Ballungszeiten, das ist schon Wahnsinn. Gut, für die Kufsteiner ist es dann schon mal ein Ärgernis, nach Deutschland zu fahren, aber letztendlich muss ja kontrolliert werden."
    Eine Frage blieb heute offen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte gefordert, dass Bayern auch Personen zurückweisen müsste. Dies geschieht jedoch schon fast täglich an den Grenzstationen, in diesem Jahr 1834 Mal. Ob damit gemeint sein soll, auch Asylsuchende im Ernstfall abzuweisen, dazu konnte sich Innenminister Herrmann nicht abschließend äußern.